Berliner Doppelhaushalt 2024 und 2025: Zuckerbrot und Peitsche

CDU und SPD stocken den Doppelhaushalt 2024/25 um 800 Millionen Euro auf. Zugleich zieht die Koalition bei den Bezirken die Daumenschrauben an.

Das Bild zeigt die Fraktionschefs von CDU und SPD, Dirk Stettner und Raed Saleh, am Montag im Abgeordnetenhaus

Die Fraktionschefs von CDU und SPD, Dirk Stettner und Raed Saleh, am Montag im Abgeordnetenhaus Foto: Sebastian Gollnow/dpa

BERLIN taz | Die Fraktionen von CDU und SPD haben am Montag einen Kurswechsel in der Ausgabenpolitik des Landes Berlin angekündigt. Schwarz-Rot werde „heute einen Konsolidierungskurs starten, damit es 2026 keinen sozialen Kahlschlag gibt“, sagte CDU-Fraktionschef Dirk Stettner. „Du hast gesagt: konsolidieren, ich sage: klug konsolidieren“, gab SPD-Fraktionschef Raed Saleh zurück.

Am Wochenende hatten sich die Spitzen der beiden Fraktionen darauf geeinigt, das bislang rund 80 Milliarden Euro schwere Gesamtvolumen des Berliner Doppelhaushalts 2024/25 noch mal um 800 Millionen Euro aufzustocken. Den größten Nachschlag mit über 105 Millionen gab es dabei für den Bereich Gesellschaftlicher Zusammenhalt, darunter 30 Millionen „für Partizipation und Integration sowie Maßnahmen gegen Rassismus und Antidiskriminierung“.

Weitere 100 Millionen zusätzlich sollen in die Mobilität fließen, in Schienenverkehr, Schlaglochsanierung, Fuß- und Radwege – und die Wiedereröffnung des im April aus Sicherheitsgründen gesperrten Schlangenbader Tunnels in Wilmersdorf. Kleinteilig wird es auch an anderen Stellen des mit Wohlfühlüberschriften wie „Es lebe der Sport“ oder „Hilfsorganisationen helfen“ versehenen Papiers der Koalitionsfraktionen.

So hat die SPD unter dem Punkt „Schönes und lebenswertes Berlin“ jetzt noch 8 Millionen Euro on top für Kleingewässer und die Renaturierung der Moore reinverhandelt. „Hinter jeder dieser Überschriften steht ein konkretes Ziel, eine konkrete Vision“, erklärte Fraktionschef Raed Saleh.

Tafelsilber bleibt im Schrank

Das Problem bei den Visionen: Niemand geht ernsthaft davon aus, dass die Einnahmen des Landes Berlin in den kommenden zwei Jahren signifikant steigen werden. Auch deshalb hatte sich die Koalition bereits zuvor darauf verständigt, für die Finanzierung all ihrer Pläne die in der Vergangenheit gebildeten Rücklagen aufzubrauchen.

„Mit dieser unseriösen Haushaltspolitik gehen sie bewusst die Gefahr ein, dass Berlin harte Sparkurse in den kommenden Jahren zugemutet werden müssen“, warnte am Montag dann auch Grünen-Fraktionschef Werner Graf. Er steht mit dieser Befürchtung nicht allein.

Alles unbegründet, hieß es hierzu von Schwarz-Rot. Kein Kahlschlag, auch nicht später. Landeseigenes „Tafelsilber“ soll aber – anders als in den Sparen-bis-es-quietscht-Zeiten des ehemaligen Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) – auch nicht verscherbelt werden. Folglich brauche es neue Ansätze, um die Landeskasse zu stabilisieren.

Neuausrichtung der Finanzpolitik

Allein: Der nun von den beiden Fraktionen ausgerufene „kluge“ Konsolidierungskurs hat es in sich. Konkret sollen etwa langfristige finanzielle Bindungen über sogenannte Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von ungefähr 100 Milliarden Euro jetzt erst mal gesperrt werden, sagte Torsten Schneider, der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion.

Schneider sprach in diesem Zusammenhang von einem „harten Schnitt“. Die Sperre soll indes weder die Hochschulverträge noch die Verträge mit der BVG betreffen, sondern die eher „an unzähligen Stellen“ eingegangenen kleineren Verbindlichkeiten, so der SPD-Mann. Beispiele konnte er nicht nennen.

Eine Neuausrichtung der Finanzpolitik dürften dabei vor allem die Bezirke zu spüren bekommen. Wie die Senatsverwaltungen müssen auch die Bezirke in ihren Haushaltsplänen mit „Pauschalen Minderausgaben“ (PMA) umgehen. Ausgaben also, die zwar auf dem Papier stehen, aber nicht von Einnahmen gedeckt sind und daher wieder eingespart werden müssen – ohne dass festgelegt wäre wo.

Um Mittelkürzungen bei Projekten insbesondere im sozialen Bereich zu verhindern, lösen etliche Bezirke die PMA bislang unter anderem durch das Nicht-Besetzen von eigentlich finanzierten Stellen in der Verwaltung auf.

Damit soll demnächst Schluss sein. „Wir wollen nicht mehr über Stellen reden, sondern über Menschen“, sagte Schneider. Kurzum: Die Bezirke sollen die Stellen besetzen und in Zukunft „woanders sparen, um die Pauschale Minderausgaben zu erbringen“. So einfach ist das.

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