Bibliotheken kürzen Öffnungszeiten: Beim Buch wird an der Zeit gespart

Stadtbüchereien in Not: In den Bibliotheken in Spandau und Neukölln sorgt eine zu dünne Personaldecke für eine Verknappung bei den Öffnungszeiten.

Ein Buch liegt auf einem Tisch

Das Buch in prekärer Lage Foto: picture alliance/dpa/Robert Michael

BERLIN taz | Zuletzt ist viel über einen möglichen Umzug der Zentralen Landesbibliothek in die Friedrichstraße gesprochen worden. Stimmen aus der SPD fordern aber, die dafür notwendigen fast 600 Millionen Euro lieber den Bezirksbibliotheken zukommen zu lassen. Und tatsächlich gibt es bei denen immer wieder Probleme. Zwei Bezirke kürzten jetzt die Öffnungszeiten ihrer Bibliotheken. Fehlendes Geld scheint allerdings nicht der Auslöser zu sein.

Vergangenen Freitag wurde in Neukölln verkündet, die Standorte der Büchereien dort wegen der vielen Krankheitsausfälle teilweise nur noch nachmittags zu öffnen. Am Mittwoch wurde nun auch in Spandau mitgeteilt, die Bezirkszentralbibliothek eine Stunde früher zu schließen. Außerdem gibt es in der ersten Stunde der Öffnungszeit und am Samstag ab 15 Uhr genauso wie am kompletten Sonntag keinen Fachservice. Damit fallen etwa die Anmeldung von Benutzerausweisen und Fachauskünfte weg.

Eigentlich wollte Berlin seine Bibliotheken auf den neuesten Stand bringen. Erst 2021 gab es dafür neue Entwicklungspläne. Denn der Trend geht nach unten. Von fast 160 Büchereistandorten im Jahr 1999 sind heute nur noch 66 übrig, die Öffnungsstunden haben sich im fast gleichen Zeitraum halbiert. Von einem „Versorgungsdefizit“ im Vergleich zu anderen Kommunen ist in einem Entwicklungsplan die Rede. Die neuen Meldungen aus Spandau und Neukölln klingen dabei nicht nach Aufholjagd.

Heike Schmidt von den Span­dauer Bibliotheken

„Wir bekommen einfach keine neuen Leute“

In Neukölln möchte man mit dem Schritt für Transparenz sorgen: „Die Besucher sollen bei kurzfristigen Ausfällen nicht mehr so oft vor spontan verschlossenen Türen stehen“, so Christian Berg, Pressesprecher des Neuköllner Bezirksamtes. Die Bibliotheken seien aber weiterhin handlungsfähig. In Spandau liegt das Problem tiefer: „Wir bekommen einfach keine neuen Leute“, sagt Heike Schmidt, Fachbereichsleitung der Spandauer Bibliotheken. Zehn der 50 Stellen seien aktuell unbesetzt.

Spandau lag lange vorn

Während andere Bezirke bereits früh Standorte schlossen und Öffnungszeiten kürzten, lag Spandau bei beidem lange vorn. „Wir hatten die längsten Öffnungszeiten der Stadt und haben sogar unsere Bezirksbibliotheken halten können“, sagt Schmidt. Die Einschränkungen empfindet sie auch als eine persönliche Niederlage.

Das Problem: Zum einen gebe es zu wenige, die den Bachelor oder die Ausbildung als Bi­blio­the­ka­r:in abschlössen. Zum anderen seien die Einstellungsprozesse im öffentlichen Dienst zu lang: „Nach einem halben Jahr haben die meisten etwas anderes gefunden“, berichtet Schmidt. Außerdem liege Spandau „für viele immer noch an der Zonengrenze“ – die langen Anfahrtszeiten schreckten ab, so Schmidt.

Zusätzlich zum Personalmangel, der den Angestellten viel Flexibilität beim Einspringen abverlangt, kommen zivilgesellschaftliche Probleme. Wegen unterbesetzter Kindertagesstätten können manche Angestellte nicht erscheinen und die überlastete Sozialarbeit macht sich in den Büchereistandorten an der Heerstraße und in Falkenhagen bemerkbar.

Wegen eingeschlagener Fenster und Jugendlicher, die Angestellte angingen und beleidigten, gab es in der Stadtteilbücherei Heerstraße über den Sommer Wachschutz. „Keiner meiner Angestellten will da noch gerne arbeiten“, sagt Schmidt. Und auch am Hauptstandort seien die Kol­le­g:in­nen manchmal damit beschäftigt, die Pornobilder aus dem Drucker zu fischen und die Leute rauszuschmeißen. „Wir sind aber keine Sozialarbeiter“, sagt Schmidt. In Neukölln sei man auf so etwas hingegen bereits eingestellt, so Pressesprecher Berg schlicht.

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