Kinoempfehlungen für Berlin: Gewalt den Landschaften

Das Arsenal befasst sich mit der Trilogie im Film, das Babylon Mitte würdigt Francis Ford und Sophia Coppola in Vater-Tochter-Doppelretrospektive.

Ein riesiger Acker in den USA

„El Valley Centro“ (1999), Regie: James Benning Foto: Arsenal

Filmische Trilogien sind das Thema der Magical History Tour des Kinos Arsenal im März – unabhängig davon, ob sie von vornherein so angelegt oder erst im Nachhinein als eine solche erkannt wurden.

Definitiv konzeptuell durchdacht ist die „California Trilogy“ des US-amerikanischen Experimental-Dokumentaristen James Benning, mit der die Reihe eröffnet: Die Filme „El Valley Centro“ (1999), „Los“ (2000) und „Sogobi“ (2002) bestehen jeweils aus 35 starren Einstellungen (überwiegend Totalen) von zweieinhalb Minuten Länge und porträtieren unterschiedlich gestaltete Lebensräume in Kalifornien.

Während sich „Sogobi“ mit Natur und Wildnis (unter anderem im Death Valley) im sonnigen Bundesstaat beschäftigt, kommt in „Los“ der Gegensatz einer von Menschen erstellten Infrastruktur der Metropole Los Angeles mit ihren Ausläufern zum Tragen – auch wenn man die Menschen dabei kaum zu Gesicht bekommt.

„El Valley Centro“ wiederum stellt die von Monokulturen geprägte Landschaft des Central Valley in den Mittelpunkt. Gewaltige landwirtschaftlich genutzte Flächen liegen hier neben Ölfeldern und Abraumhalden, durchschnitten wird das Land von Highways, Eisenbahntrassen, Wasserleitungen und -kanälen.

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In „El Valley Centro“ wird auch Bennings implizite Kritik am Verhalten der Menschen und ihrer Zerstörung der Natur am deutlichsten: Der Anbau von Obst und Gemüse, Wein, Reis und Baumwolle verbraucht in dieser von heißem Klima geprägten Gegend unangemessen viel Wasser (El Valley Centro, 1.3., 17.30 Uhr; Los, 2.3., 17 Uhr; Sogobi, 3.3., 18 Uhr, Arsenal).

In einer Vater-Tochter-Doppelretrospektive zeigt das Babylon Mitte in den kommenden Wochen Filme von Francis Ford und Sophia Coppola. Bei der mittlerweile 52-jährigen Regisseurin, die zu Beginn ihrer Karriere auch als Schauspielerin in den Filmen ihres Vaters mitwirkte, wäre es zweifellos kein Problem, ebenfalls eine thematisch geprägte Film-Trilogie zusammenzustellen: Junge Frauen, die sich aus zwanghaften Situationen befreien, stehen immer wieder im Mittelpunkt ihrer sanften Dramen.

Sind es in „The Virgin Suicides“ (1999) etwa fünf pubertierende Schwestern, deren Leben durch die streng religiösen Eltern geprägt werden, muss sich in „Marie Antoinette“ (2006) die gleichnamige französische Königin den strengen Ritualen am Hof von Versailles fügen, die kein Privatleben zulassen. Vom Anziehen bis zum Sexualleben spielt hier jede Person ihre festgelegte Rolle.

Coppola treibt die Rituale durch beständige Wiederholungen in die komplette Absurdität – so wird es letztlich verständlich, wenn die Königin (Kirsten Dunst) mit extravaganten Kostümen und rosa Cremetorten in den Exzess gleitet, ehe sie ansatzweise zu einem eigenen Leben findet.

Eine sehr ähnliche Thematik findet sich schließlich auch in Coppolas jüngstem Film „Priscilla“, der die Geschichte der Gattin von Elvis Presley schildert: Wie eine geheiligte Trophäe ist sie in Elvis' erstickendem Anwesen Graceland platziert, eine Anziehpuppe, die ausschließlich für seine (wenigen) Bedürfnisse zu sorgen hat.

Immerhin schafft auch Priscilla schließlich den Ausbruch, und weder Selbstmord noch Revolution setzen ihrem Leben ein Ende (The Virgin Suicides, 1.3., 2.3., 20 Uhr, 3.3., 18 Uhr, 4.3., 22 Uhr, 5.3., 21.30 Uhr; Marie Antoinette, 3.3., 15.30 Uhr, 6.3., 17 Uhr; Priscilla, 1.3., 17.45 Uhr, 3.3., 14 Uhr, 5.3., 15.45 Uhr, Babylon Mitte).

Am 2. März wird der 200. Geburtstag des tschechischen Komponisten Bedřich Smetana gefeiert. Eines seiner bekanntesten Werke ist die Komische Oper „Die verkaufte Braut“, die Max Ophüls 1932 in einen ungemein dynamischen Film umsetzte. Hier werden die Arien überwiegend in der freien Natur gesungen – manchmal auch, wenn die Prot­ago­nis­t:in­nen gerade einem Schwein nachrennen oder auf einem Pferd im Galopp durch die Landschaft preschen. Eine Einführung hält Klaus Harer vom Deutschen Kulturforum östliches Europa (2.3., 15.30 Uhr, Bundesplatz Kino).

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Lars Penning, geboren 1962. Studium der Publizistik, Theaterwissenschaft und der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft an der FU Berlin. Freier Filmjournalist. Buchveröffentlichungen: Cameron Diaz (2001) und Julia Roberts (2003). Zahlreiche filmhistorische und –analytische Beiträge für verschiedene Publikationen. Lebt in Berlin.

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