Lahmender Wohnungsbau in Niedersachsen: Mehr wohnen, weniger parken

Niedersachsen versucht, an der Bauordnung zu drehen, um aus der Wohnungsmisere zu kommen. Vereinfacht werden soll das Bauen an bestehenden Gebäuden.

Ein Kran und ein Hausdach, auf dem ein Bauarbeiter steht

Foto: Melissa Erichsen/dpa

HANNOVER taz | Man kann sie kaum noch hören, die Alarmmeldungen: Bis zum Jahr 2040 werden knapp 237.000 zusätzliche Wohnungen benötigt, prognostizierte die niedersächsische Investitions- und Förderbank N-Bank in ihrem Wohnungsmarktbericht erst kürzlich wieder.

Dabei liegen viele – vor allem kommerzielle Neubauprojekte – auf Eis, weil sie sich aufgrund der dramatisch gestiegenen Zinsen und Baukosten nicht mehr rechnen.

Nun soll also eine Anpassung der niedersächsischen Bauordnung das Bauen „schneller, einfacher und günstiger“ machen, wie Bauminister Olaf Lies (SPD) behauptet. Dabei gehört Niedersachsen zu den ersten Bundesländern, die versuchen, das Maßnahmenbündel, das auf Bundesebene mit dem „Bau-Turbo“ vereinbart wurde, umzusetzen.

Der Turbo besteht aus einer ganzen Reihe einzelner Stellschrauben, die nun justiert werden müssen. Eine der wichtigeren: Vereinfachungen beim Bauen im Bestand. Das Aufstocken um ein oder zwei Geschosse bei bestehenden Häusern oder der Ausbau von Dachgeschossen zu Wohnraum soll wesentlich erleichtert werden. Das gilt als relativ schnell wirksame Maßnahme – und ist ja immerhin auch klimafreundlicher, als neu zu bauen.

„Genehmigungsfiktion“ für schnellere Verfahren

Der Dachgeschossausbau soll künftig nicht mehr genehmigungspflichtig sein. Außerdem müssen auch bei neuen Geschossen die Decken, Wände oder Treppen nur noch dem Standard des Baujahres der gesamten Immobilie entsprechen – und nicht mehr dem neuesten Standard, was oft zu Kostensteigerungen und Anpassungsbedarf in den Stockwerken darunter führt.

Die Pflicht, Aufzüge nachzurüsten oder zusätzliche Stellplätze für Autos bereitzustellen, soll entfallen. Letzteres gilt auch für Neubauten – dafür sollen mehr Fahrradabstellmöglichkeiten zur Pflicht werden.

Bei Nutzungsänderungen von Gebäuden – wichtig zum Beispiel bei der Umnutzung von Gewerbeimmobilien – sollen Abweichungen von den geltenden Standards möglich sein, das gilt auch für besonders innovative Bauprojekte zur Erprobung neuer Wohnformen.

Auch bei den Baugenehmigungen soll sich etwas tun. Mit der sogenannten Genehmigungsfiktion sollen Bauanträge im vereinfachten Verfahren als genehmigt gelten, wenn die Behörde nicht innerhalb von drei Monaten anders entscheidet.

Vorausgesetzt ist dabei, dass der Antrag vollständig und korrekt ist. Die langen Genehmigungsfristen werden in der Branche schon lange beklagt, weil sie eben auch ein Finanzierungsproblem sind.

CDU will lieber Grunderwerbssteuer halbieren

Weitere Nachbesserungen soll es im Bereich serielles Bauen und Tiny Houses geben. Hier sollen die Zulassungen und Genehmigungen anderer Bundesländer anerkannt werden.

Der Kabinettsentwurf dieser Bauordnungsnovelle geht nun in die Verbandsbeteiligung. Nach den Vorstellungen von Bauminister Olaf Lies (SPD) soll er noch vor dem nächsten Sommer auch im Parlament beraten und verabschiedet werden.

Die CDU-Opposition kritisierte ihn schon einmal als unzureichend und kündigte an, einen eigenen Entschließungsantrag einbringen zu wollen. Die CDU fordert vor allem Entlastungen für Häuslebauer etwa durch eine Halbierung der Grunderwerbssteuer für Erstimmobilien und ein verändertes Steuerrecht für Zinskosten bei selbst genutzten Immobilien.

Außerdem nutzte sie die Gelegenheit, einmal mehr gegen die geplante Landeswohnungsbaugesellschaft zu schießen. Lies hat die Gründung der Gesellschaft mit 100 Millionen Euro Startkapital für das kommende Jahr angekündigt.

Sie soll in den kommenden zehn Jahren für bis zu 10. 000 neue Wohnungen sorgen, ein Großteil davon geförderte Sozialwohnungen. Die früher bestehende Landeswohnungsbaugesellschaft war 2005 unter der CDU/FDP-Regierung von Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) verkauft worden.

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