Linksfraktion im Bundestag wankt weiter: Gysi gibt Außenpolitik auf

Der Linkenabgeordnete Gregor Gysi legt das Amt des außenpolitischen Sprechers seiner Fraktion nieder. Künftig will er sich der Aufarbeitung der Coronapolitik widmen.

Gregor Gysi im Bundestag über Blättern im Lichtkegel

Künftig Coronapolitiker: Gregor Gysi Foto: Polical Moments/imago

BERLIN afp/dpa | Gregor Gysi legt sein Amt als außenpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Bundestag nieder. Er werde diese Funktion ab der nächsten Sitzungswoche nicht fortsetzen, kündigte er am Mittwoch in der Haushaltsdebatte des Bundestags an. Eine Begründung nannte der 75-Jährige nicht. Aus der Fraktion hieß es, Gysi habe seinen Entschluss schon vor einiger Zeit dem Vorstand mitgeteilt. Es gebe keinen aktuellen politischen Anlass.

Ein Fraktionssprecher erklärte später in Berlin, Gysi werde sich vollständig aus dem Auswärtigen Ausschuss zurückziehen. „Das bedeutet aber nicht, dass er seine Arbeit im Bundestag reduziert“, betonte der Sprecher weiter. Gysi bemühe sich „mit anderen eine Enquete-Kommission zur Untersuchung aller Fragen im Zusammenhang mit der Pandemie und Corona ins Leben zu rufen“. Dazu gebe es viele Fragen aus der Bevölkerung und an einer solchen Kommission werde Gysi auch selbst mitwirken.

Vor allem der russische Angriff auf die Ukraine hatte zuletzt widersprüchliche außenpolitische Vorstellungen innerhalb der Linksfraktion hervortreten lassen. Im vergangenen Jahr äußerte sich Gysi „entsetzt“ über eine Erklärung, in der die Linken-Abgeordnete Sahra Wagenknecht und weitere Abgeordnete die Nato für den russischen Überfall mitverantwortlich machten. Er hatte den Fraktionskolleginnen und -kollegen unter anderem „Emotionslosigkeit hinsichtlich des Angriffskrieges“ vorgeworfen.

Gysi hatte sich für einen Waffenstillstand in der Ukraine und für Friedensverhandlungen ausgesprochen. „Wollen Sie noch für viele Jahre Tote, Verletzte und Zerstörung in Kauf nehmen?“, fragte er. Er nannte die „gigantische Aufrüstung“ im deutschen Bundeshaushalt überflüssig. Gysi betonte: „Das Zivile, die Diplomatie, die Abrüstung, der Interessenausgleich und die Einhaltung des Völkerrechts von allen Seiten sind unsere wahre Chance.“

Die gesamte Linksfraktion befindet sich derzeit in einer schwierigen Lage. Eigentlich hatten die Fraktionschefs Amira Mohamed Ali und Dietmar Bartsch ihre Posten Anfang des Monats abgeben wollen – sie mussten dann aber im Amt bleiben, weil sich in der Fraktion zunächst keine konsensfähige Nachfolge fand. Nun soll bis Ende Oktober ein „tragfähiges Gesamtkonzept“ für die Fraktionsspitze erarbeitet werden, wie Parteichefin Janine Wissler angekündigt hat.

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