Martin Sellner auf „profil“-Cover: Völlig falscher Fokus

Das österreichische Nachrichtenmagazin „profil“ packt Martin Sellner auf den Titel. Eine gute Begründung dafür liefert die Redaktion allerdings nicht.

Logo der identitären Bewegung - ein gelber Kreis mit einem nach oben gerichteten zweischenkligen Dreieck

Logo der identitären Bewegung, zu der Martin Sellner gehört. Sein Portät ziert das Cover der aktuellen Ausgabe von „Profil“ Foto: Sachelle Babbar/imago

Martin Sellner blickt mit ernster Mine auf dem Cover von profil. „Nicht der schon wieder!“, titelt das österreichische Nachrichten­magazin dazu und präsentiert den Wortführer der Identitären Bewegung prominent seiner recht großen Leserschaft. Laut der aktuellen ­österreichischen Media-Analyse erreicht ­profil, das einst als österreichisches Pendant zum Spiegel gegründet wurde, rund 250.000 Menschen.

Unfreiwillig ist es der Redaktion mit der Titelzeile gelungen, die Reaktion der LeserInnen auf das neue Magazin vorherzusehen. Warum wird Sellner, dessen perfide „Remigrations“-Ideen infolge des von Correctiv aufgedeckten rechtsextremen Vernetzungstreffens bereits zur Genüge diskutiert wurden, erneut eine Plattform geboten?

Das fragen sich auch die beiden Autoren der Story und antworten mit der Erklärung, dass Nachrichtenmagazine Menschen wie Sellner nicht nur thematisieren dürfen, sondern es auch müssen. Die Ideen des rechtsextremen Influencers kenne die Öffentlichkeit ja bereits und eine Coverstory bedeute keinen Sympathiebeweis, heißt es. Die zentrale Kritik wird hier jedoch verkannt.

Rechtsextreme werden so gesellschaftsfähig

Natürlich darf ein Nachrichtenmagazin über Menschen wie Sellner berichten, um „deren gesellschaftliche und demokratiepolitische Relevanz, womöglich deren Bedrohungspotenzial auszuleuchten“, wie es auch die Autoren schreiben. Dieses Bedrohungspotenzial ist mittlerweile hinlänglich bekannt, mit der zunehmenden Aufmerksamkeit für Sellner und die Identitäre Bewegung wird es aber nicht vermindert. Viel eher werden die Identitären so gesellschaftsfähig gemacht.

Sellner versucht in Österreich seit Jahren, eine große rechtsextreme Bewegung zu starten, scharte aber immer nur ein paar Hundert AnhängerInnen um sich. Ist dieser Mann also wirklich so wichtig, wie alle tun? Eher nicht.

Nicht nur bei profil wird also eine einzelne Person unverhältnismäßig hochstilisiert. Für seine Anhänger zementiert das Sellners Kultstatus, für den Rest der Gesellschaft wird er größer gemacht, als er es ist. „Österreichs bekanntester Rechtsextremer bläst sich zum medialen Superstar auf“, schreibt profil auf X. Dabei hat Sellner das gar nicht nötig. Das Aufblasen erledigen bereits andere für ihn.

Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Version dieses Textes stand, dass die profil-Chefredakteurin Anna Thalhammer auf die öffentliche Kritik reagierte, indem sie auf X ein Bild des Covers postete und dazu lediglich kommentierte: „Weil gerade einige fragen, warum wir Martin Sellner aufs Cover tun. Darum.“

Dies entspricht nicht der Wahrheit, da in dem Bild ein Link zu einer redaktionellen Stellungnahme eingebettet war. Wir bitten diesen Fehler zu entschuldigen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Studiert Journalismus & Medienmanagement in Wien.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.