Rechtsextremer Martin Sellner: Einreisesperre für Sellner?

Mehmet Daimagüler, Antiziganismusbeauftragter der Regierung, fordert ein Einreiseverbot für Martin Sellner. Das wird nun geprüft.

Der österreichische Rechtsextremist Martin Sellner bei einem Interview.

Propagiert seit Jahren rechtsextreme Vertreibungspläne: Martin Sellner Foto: Thomas Kronsteiner/getty

BERLIN taz | Martin Sellner gehört wohl zu den umtriebigsten Rechtsextremisten Europas, nun steht der 35-jährige Österreicher wieder voll im Fokus: Er war laut Correctiv Hauptredner bei einem „Geheimtreffen“ von AfDlern und anderen Rechtsextremen im Novmeber 2023 bei Potsdam, präsentierte dort einen „Masterplan“ zur „Remigration“, zu millionenfacher Vertreibung. Schon zuvor und auch danach reiste er immer wieder zu Vorträgen und Netzwerktreffen auch nach Deutschland.

Mehmet Daimagüler, Antiziganismusbeauftragter der Bundesregierung, fordert nun, das zu unterbinden – und ein Einreiseverbot für Sellner nach Deutschland zu prüfen. „Angesichts der ungeheuerlichen Vertreibungspläne von Sellner und seinen Gleichgesinnten muss der Rechtsstaat alle rechtlichen Gegenmittel in Stellung bringen“, so Daimagüler zur taz.

Sellner sei nicht erst seit den aktuellen Berichten „als rechter Gefährder“ anzusehen. „Im Interesse der öffentlichen Ordnung sollte jetzt geprüft werden, ob und wie die Einreise von ausländischen Gefährdern wie Sellner nach Deutschland untersagt werden kann.“ Die hohen Hürden seien ihm dabei bewusst, so Daimagüler. Angesichts der „monströsen Pläne“ der Rechtsextremen sei ein Handeln aber „dringend geboten“. Nach taz-Informationen forderte Daimagüler dies auch in einem Schreiben an Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ein.

Innenministerium verweist auf hohe Hürden

Das Ministerium reagierte auf eine taz-Anfrage wortkarg. „Zu etwaigen laufenden freizügigkeitsrechtlichen Verfahren gegen Einzelpersonen nimmt das BMI grundsätzlich nicht Stellung“, sagte ein Sprecher.

Nach taz-Informationen soll eine Staatssekretärin des Ministeriums aber in der nichtöffentlichen Sitzung des Innenausschusses am vergangenen Mittwoch im Bundestags auf Nachfrage erklärt haben, ein Einreiseverbot könnte geprüft werden. Die Staatssekretärin soll aber auch die hohen Hürden betont haben. Auch t-online berichtete darüber.

Ein Einreiseverbot für Sellner könnte letztlich von Landesbehörden verhängt werden. Bayern, das die Grenze zu Österreich teilt, ist hier aufgeschlossen. Auch dort verwies eine Sprecherin des Innenministeriums zwar auf die hohen Hürden und den Bedarf einer „intensiven Einzelfallprüfung“. Aber: „Grundsätzlich begrüßen wir die initiierte Diskussion.“

Auch in der SPD-Bundestagsfraktion ist man für ein Einreiseverbot für Sellner offen. „Rechtsextremisten aus dem Ausland können selbstverständlich auch eine Gefahr für die innere Sicherheit in Deutschland darstellen“, sagte die Innenpolitikerin Carmen Wegge der taz. Ein Einreiseverbot sei aber weniger eine politische Forderung als eine Exekutiventscheidung, die nach klaren Vorgaben ablaufe und mit hohen Hürden versehen sei. „Ich bin mir jedoch sicher, dass das Bundesinnenministerium diesbezüglich eine gute Entscheidung treffen wird, sofern die rechtlichen Voraussetzungen vorliegen“, betonte Wegge.

Druck kommt aus der Opposition. „Martin Sellner bringt alte und neue Rechte, bürgerliche Konservative und militante Neonazis zusammen, um eine ideologische wie materielle Basis für die Vertreibung von Millionen Menschen zu schaffen“, erklärt dort Linken-Innenpolitikerin Martina Renner. Er stelle damit zweifellos eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. „Ein Einreiseverbot setzt dagegen ein klares Zeichen“, so Renner zur taz. „Auch an diejenigen, die Sellners rassistische Agenda verharmlosen.“

Sellner zeigte sich zuletzt nervös

Sellner, Vordenker der als rechtsextrem eingestuften Identitären, hat bereits Erfahrung in dieser Angelegenheit: Schon 2018 erteilte ihm Großbritannien ein Einreiseverbot, als er in London eine Rede halten wollte. Er wurde damals am Flughafen festgehalten und musste nach Österreich zurückkehren.

Mit dem Kampfbegriff der „Remigration“ geht Sellner schon seit Jahren hausieren. Auch in seinem aktuellen Buch, in dem er einen „Regime Change von rechts“ propagiert, wird das Vertreibungskonzept als Mittel gegen „Überfremdung“ und „ethnokulturelle Cluster“ beworben. Ziel müsse es sein, den politischen Willen für solch eine Politik zu schaffen, schreibt Sellner.

Der Österreicher selbst versuchte nach den jüngsten bundesweiten Großprotesten gegen Rechtsextremismus und die AfD den Begriff der „Remigration“ weiter zu pushen. Jedoch zeigte er sich auch nervös. Es gebe derzeit wenige Leute, zu denen „mehr gelogen und gehetzt“ werde als zu ihm, klagte er. Erst Anfang Januar war Sellner nach Deutschland gereist und hatte sich an Protesten von Rechtsextremen in Dresden beteiligt, welche sich an die Bauernproteste geheftet hatten.

Zuletzt waren bundesweit hunderttausende Menschen gegen Rechtsextremismus und die AfD auf die Straße gegangen. Politisch diskutiert wird neben der Prüfung eines AfD-Verbots auch ein Verbot der Parteijugend „Junge Alternative“, die als Verein organisiert ist. Zudem gibt es Forderungen, der AfD die Parteienfinanzierung zu entziehen.

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