Nato-Verteidigungsministertreffen: Russisches Vermögen für Kyjiw

Die Verteidigungsminister tagen in Brüssel, Selenski ist erstmals dabei. Belgien verspricht 1,7 Milliarden für Kyjiw aus eingefrorenem Vermögen.

Präsident Selenski und Premierminister De Croo umarmen sich.

Ukraines Präsident Selenski und der belgische Ministerpräsident De Croo am 11. Oktober

BRÜSSEL taz | Es war eine doppelte Premiere: Zum ersten Mal seit Beginn der russischen Invasion hat der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski am Mittwoch an einem Nato-Treffen in Brüssel teilgenommen.

Und zum ersten Mal hat der neue Nato-Ukraine-Rat auf der Ebene der Verteidigungsminister getagt. Das zeigt, wie ernst die Nato den Krieg nimmt.

„Ihr Kampf ist unser Kampf, Ihre Sicherheit ist unsere Sicherheit, und Ihre Werte sind unsere Werte“ erklärte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, als er Selenski im Brüsseler Nato-Gebäude empfing. Die Ukraine ist zwar immer noch kein Mitglied. Doch die Nato werde Selenski beistehen „for as long as it takes“- so lange wie nötig.

Der ukrainische Staatschef wird dies gern gehört haben. Schließlich treibt ihn die Sorge um, dass die Krise in Nahost die Aufmerksamkeit für den Krieg in seinem Land schmälern könnte. Zu Beginn des Brüsseler Treffens lenkte er die Aufmerksamkeit aber auf ein anderes Problem: Nun gelte es vor allem, die Ukraine winterfest zu machen.

Kyjiw will Luftabwehrsysteme, die Nato-Bestände sind leer

„Wie wir den nächsten Winter überstehen, ist sehr wichtig für uns“, sagte Selenski. „Wir bereiten uns gerade darauf vor und jetzt brauchen wir noch etwas Unterstützung, deshalb bin ich heute hier.“ Konkret bat er um weitere Luftverteidigungssysteme, zusätzliche Langstreckenraketen und noch mehr Munition.

Doch die Bestände der Alliierten sind leer. Zuletzt hatte der Chef des Nato-Militärausschusses, Admiral Rob Bauer, vor Munitions-Mangel gewarnt: „Wir sehen nun den Boden des Fasses“, sagte der Niederländer. Wie die Lager wieder aufgefüllt und die Ukraine aufgerüstet werden können, war Thema bei Beratungen im sogenannten Ramstein-Format.

Unter Leitung von US-Verteidigungsminister Lloyd Austin kamen dazu gestern Politiker und Militärvertreter aus rund 50 Ländern in Brüssel zusammen. Austin kündigte neue Waffenlieferungen im Wert von 200 Millionen Dollar (rund 189 Millionen Euro) an. Zuvor hatte Verteidigungsminister Boris Pistorius ein deutsches „Winterpaket“ versprochen.

Es enthält Luftabwehrsysteme, Panzer und Munition im Wert von einer Milliarde Euro – aber nicht den begehrten Marschflugkörper Taurus. Bundeskanzler Olaf Scholz macht Sicherheitsbedenken geltend; er hat die Lieferung aber nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Bei den Waffenlieferungen liegt Deutschland auf Platz 2 hinter den USA.

Belgien: 1,7 Milliarden-Fonds für die Ukraine

Eine überraschende Ankündigung machte Belgiens Premier Alexander De Croo am Rande des Nato-Treffens: Belgien will nicht nur Kampfjets vom Typ F-16 an die Ukraine liefern – allerdings erst 2025 – sondern auch einen Fonds im Wert von 1,7 Milliarden Euro schaffen. Er soll mithilfe von Geldern aus eingefrorenen russischen Vermögenswerten gefüllt werden – auch das eine Premiere.

Nach Angaben der belgischen Regierung geht es um Zinserträge und Steuereinnahmen beim internationalen Finanzdienstleister Euroclear, der ihren Sitz in Brüssel hat. Die EU diskutiert bereits seit Monaten über Möglichkeiten, die eingefrorenen russischen Vermögen zu nutzen – nun zeichnet sich erstmals eine Lösung ab.

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