Proteste der Writers Guild in USA: All work and no pay

Während einige im Luxus baden, leben viele Kulturarbeiter_innen in prekären Verhältnissen. Dagegen protestiert die Writers Guild in den USA.

Eine Frau hält ein Protestschild, ein Mann hinter ihr trägt ein Baby, dahinter jemand mit Plakat

Dreh­buch­au­to­r:in­nen protestieren in Los Angeles Foto: Aude Guerrucci/reuters

Ganz ehrlich. Bei welchem unserer Lieblingsfilme wissen wir schon, wer das Drehbuch geschrieben hat? Vielleicht erinnern wir uns, wer mitspielt oder Regie führte, aber von wem das Skript ist, dank dem wir das Ganze zu sehen bekommen, müssen wir erst nachschlagen. Filme werden in der Regel den Regisseur_innen zugeschrieben. Es heißt dann „Todd Haynes’ ‚Carol‘“ und nicht „Phyllis Nagys ‚Carol‘“, wobei da natürlich auch noch „nach ‚The Price of Salt‘ von Patricia Highsmith“ stehen müsste.

Diese Logik von „Regie über Drehbuch“ trägt sicher zum Einkommensgefälle in Hollywood bei, gegen das die Gewerkschaft Writers Guild of America jetzt auf die Straße geht. Ich kenne so viele Autor_innen, die ständig am Existenzminimum entlangkratzen, sich bis zum nächsten Auftrag verschulden, und jetzt wieder keinen Urlaub machen können, meine Lieblingsexfreundin und ihre Frau eingeschlossen. Trotzdem, nein, gerade deswegen, streiken sie.

Mich erinnert dieses Gefälle oft an die Bildende Kunst. Hier die Künstler_innen mit den fünf Nebenjobs, die sich kaum die Miete, geschweige denn ein Atelier leisten können, da die Auktionshäuser und Sammler:innen, die Besitzanspruch erheben, ohne das, was sie als Ware konsumieren, mit sozialer Ungleichheit in Verbindung zu bringen.

Kein Pinsel, kein Gemälde. Muss man das wirklich immer wieder sagen? Dazu noch der Mythos, dass gute Kunst erst entsteht, wenn die Menschen, die sie machen, frieren und so richtig leiden.

Klar kann ich auch auf Toilettenpapier zeichnen – das sieht zum Teil richtig gut aus –, und je günstiger der Malgrund, desto geringer die Hemmung, ihn zu füllen. Es sollte doch aber darum gehen, gute Arbeitsbedingungen und Lebensgrundlagen zu schaffen.

Zeit, nicht Fame

Für Krankenversicherungen und Altersversorgung zu sorgen. Wenn ich eines weiß, dann dass die meisten sich einfach Zeit wünschen, Kunst zu machen – oder eben zu schreiben.

Es geht um Zeit, nicht um Fame. Und die Möglichkeit, die Ergebnisse zu zeigen, damit so viele wie möglich Zugang zu kulturellen Produktionen haben. Streamingdienste, für die wir auch in der Inflation noch was vom letzten Geld abknapsen, bieten diesen Zugang. Oder eben das Fernsehen oder das Kino.

Ohne Drehbücher keine Late Night Shows, keine queeren Serien und kein Indie-Film. Schauspieler_innen wissen das und unterstützen den Streik. Wie Pedro „Mr. sexy Shorts“ Pascal auf den MTV Awards. Alex Borstein aka Susie „the Plunger“ Myerson aus „Mrs. Maisel“ demonstrierte in Kalifornien mit.

Das beste Protestschild: „All work and no play makes Jack a dull boy“ aus „The Shining“ in Endlosschleife. Bei all meiner Liebe zu Robotern und Androiden: Solche ikonischen Sätze kann keine AI schreiben. Und im „Mini“-Writers Room, dem dystopischen Modell, mit dem die Studios die Gewerkschaften loswerden wollen und das keinen Raum mehr für „play“ lässt, entstehen sie sicherlich auch nicht.

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Redakteurin für Kunst in Berlin im taz.Plan. Alle 14 Tage Kolumne Subtext für taz2: Gesellschaft & Medien. Studierte Gender Studies und Europäische Ethnologie in Berlin und den USA. 2020 Promotion "Chrononauts in Chromotopia" zum Lusterleben in der abstrakten Malerei. Themen: zeitgenössische Kunst, Genderqueerness, Rassismus, Soziale Bewegungen.

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