Qualifikation für die Fußball-EM: Ungewohnte Vielfalt

Die DFB-Auswahl startet gegen Österreich in die EM-Qualifikation. Bundestrainer Horst Hrubesch hat einen Umbruch im Team zu managen.

Torhüterin Merle Frohms mit Ball in der Hand im Training mit der DFB-Auswahl

Vor ihrem 50. Länderspiel: Torhüterin Merle Frohms beim Training mit der DFB-Auswahl Foto: dpa

FRANKFURT AM MAIN taz | Manchmal ist es gar nicht verkehrt, klassische Klischees zu bedienen. Torhüterin Merle Frohms, seit fast fünf Jahren die unumstrittene Nummer eins der deutschen Fußballerinnen, fühlt sich im öberösterreichischen Hagenberg im Mühlviertel jedenfalls so, als habe sie „ein bisschen Urlaub vom Ligaalltag“.

Das liegt gewiss am Ambiente der kleinen Marktgemeinde, in der sich die DFB-Frauen auf den Start der EM-Qualifikation vorbereiten. Die beginnt am Freitag mit dem Spiel gegen Österreich (20.30 Uhr/ARD). Im Quartier 20 Kilometer nördlich vom Spielort Linz sei es „sehr idyllisch“, findet Frohms: „Es ist hier so, wie man sich Österreich vorstellt: In der Ferne sieht man die Berge, rundherum ist grüne Wiese.“

Der Österreichische Fußball-Bund (ÖFB) hofft in der kleinen, aber feinen Arena, die 17.000 Zuschauerinnen fasst, auf eine fünfstellige Kulisse. Teamchefin Irene Fuhrmann und die vielen Spielerinnen, die bei Klubs in der deutschen Bundesliga unter Vertrag stehen, hatten sich genau dieses Prestigeduell erhofft. „Dass die EM-Qualifikation gleich mit diesem Highlight-Spiel gegen Deutschland für uns beginnt, ist eine tolle Geschichte“, sagte ÖFB-Sportdirektor Peter Schöttel bei einer Stippvisite zu den Frauen. „Schon beim letzten Duell im EM-Viertelfinale 2022 in England haben wir uns gut präsentiert.“

Tatsächlich schrammten tapfere Österreicherinnen damals nur knapp an einer Sensation vorbei. Frohms hat nicht vergessen, dass ihr damals beim Zittersieg in Brentford (2:0) gleich dreimal das Aluminium beistand. „Ich erwarte von unserer Mannschaft“, sagt die 28-Jährige von VfL Wolfsburg deshalb, „dass wir diesmal voll da sind und direkt Signale setzen.“ Es sei ja nicht nur eine wichtige Partie der EM-Qualifikation, in der Island und Polen die weiteren Gegner sind, sondern auch der Vorlauf zu den Olympischen Spielen (26. Juli bis 11. August).

Neue Stützen

Horst Hrubesch, der in Rio de Janeiro mit den Männern schon mal olympisches Silber gewonnen hat und nun von einer Medaille mit den Frauen träumt, muss für seinen Nachfolger Christian Wück nicht nur das Ticket für die Europameisterschaft 2025 in der Schweiz lösen. Er muss gleichzeitig auch einen Generationswechsel im Team einleiten.

Die verkrusteten Hierarchien, die zum Scheitern bei der WM in Australien beigetragen haben, werden jetzt aufgebrochen: Svenja Huth ist zurückgetreten, Marina Hegering und Alexandra Popp sind verletzt: Damit fehlen drei erfahrene Führungskräfte aus der lange (zu) dominanten Fraktion des VfL Wolfsburg. Und weil Lina Magull (Inter Mailand), Sara Däbritz (Olympique Lyon) und Felicitas Rauch (Carolina Courage) aus unterschiedlichsten Gründen ihre Stammplätze unter Martina Voss-Tecklenburg eingebüßt haben, bleibt nicht mal die Hälfte der Stützen des Teams übrig, das 2022 bei der EM Zweiter wurde.

Der Umbruch ist im vollen Gange. „Wir haben da ein bisschen was eingeleitet, wir sind also mittendrin“, sagte Hrubesch bei der Nominierung. Früher habe es geheißen, sein Kader käme bloß aus zwei Vereinen – Wolfsburg und Bayern – jetzt speist sich das 23er-Aufgebot tatsächlich aus zehn Klubs. Eine ungewohnte Vielfalt.

Der bald 73-Jährige hat noch nicht verraten wollen, wer in Linz die Regenbogenbinde trägt, doch es wäre gewiss ein Zeichen, wenn er damit Lena Oberdorf Wertschätzung zuteilwerden ließe. Trotz des Rummels um ihren Wechsel von Wolfsburg nach München bot die 22 Jahre alte Abräumerin in den Niederlanden beim Entscheidungsspiel ums Olympia-Ticket eine überragende Vorstellung. Ansonsten könnte auch ihre künftige Klubkollegin Giulia Gwinn die Aufgabe erfüllen, denn nach ihrem zweiten Kreuzbandriss ist die 24-Jährige gestärkt und gereift – und für viele ohnehin das Gesicht des deutschen Frauenfußballs.

Eine neue Kapitänin wird auch die Machtverschiebung illustrieren, in der Torhüterin Frohms viel Positives erkennt: „Es besteht jetzt eine Chance für andere Spielerinnen, präsenter zu sein, Rollen neu zu definieren und anzunehmen.“ Sie wird in ihrem 50. Länderspiel so oder so wieder Verantwortung übernehmen: „Ich helfe immer, so gut ich kann.“

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