Racial Profiling bei Fußballspielen: Fans unter Generalverdacht

Kurdische An­hän­ge­r:in­nen des FC St. Pauli beklagen, dass sie anlasslos von der Polizei kontrolliert werden. Die Fanhilfe vermutet Racial Profiling.

Fans des FC St. Pauli gehen ins Volksparkstadion, im Vordergrund sind Polizeibeamte zu sehen.

Wen kontrolliert die Hamburger Polizei wie oft und warum? Beamte und Fans vor dem Volksparkstadion am 21. April 2023 Foto: Marcus Brandt/dpa

HAMBURG taz | An einen Zufall wollen Azad und Abdulhalim* mittlerweile nicht mehr glauben. Zu häufig fühlten sie sich in den vergangenen zwei Jahren beim Besuch von Fußballspielen des FC St. Pauli von der Polizei ohne triftigen Grund kontrolliert. „Wir sind doch keine Gewalttäter“, sagt der 37-jährige Azad mit Blick auf sich und die anderen Mitglieder des Fanclubs „Azadi St. Pauli“, in dem vor allem kurdischstämmige Ham­bur­ge­r:in­nen ihren Club unterstützen.

Woran liegt es also? „Äußerlich unterscheiden wir uns nun mal von der Mehrheit der Fans“, antwortet Azad. Die „Braun-Weiße Hilfe“, das Rechtshilfeprojekt des Clubs, hält das Verhalten der Polizei entsprechend für Racial Profiling.

Seit 2019 gibt es den Fanclub, seit zwei Jahren fahren die An­hän­ge­r:in­nen gemeinsam zu Auswärtsspielen. Seither häufen sich die Kontrollen, für die sie keinen legitimen Anlass sehen. Im Sommer 2022 ging es mit den Kon­trollen los, am Treffpunkt der St.-Pauli-Fans am Hannoveraner Hauptbahnhof. „Wir waren gerade dort angekommen und schon wurde ich herausgezogen“, sagt Abdulhalim. Ein halbes Dutzend Po­li­zis­t:in­nen habe ihn auf den Boden geworfen, dann zu einem Auto abgeführt.

„Direkt an der Straße musste ich mich mit verbundenen Händen hinstellen und fotografieren lassen“, sagt Abdulhalim. „Das war mir peinlich.“ Er sei mit auf die Wache genommen worden, durfte nach einigen Stunden wieder gehen. Zunächst sei ihm keine Begründung für die Maßnahme genannt worden. Später sei ihm gesagt worden, man verdächtige ihn, einige Monate zuvor eine Körperverletzung begangen zu haben. Auf ihn passe die Personenbeschreibung. Adulhalim zeigt das Schreiben, das er einige Monate später dazu von der Polizei erhielt: Das Verfahren wurde eingestellt.

„Kontrollen sorgen für Angst“

Racial Profiling bezeichnet eine Praxis, bei der die Polizei Personen aufgrund von äußeren Merkmalen wie Hautfarbe oder vermuteter Religionszugehörigkeit einer bestimmten Personengruppe zuordnet und pauschal als verdächtig behandelt. Auch in Braunschweig und beim Hamburger SV waren es in den vergangenen Monaten einzig Azadi-St.-Pauli-Mitglieder, die am Stadion aus einer Vielzahl von St.-Pauli-Fans von der Polizei herausgezogen wurden, bestätigt die Braun-Weiße Hilfe.

In beiden Fällen sei ihnen kein konkreter Anlass genannt worden, sagt Azad. Als sich in beiden Situationen sofort die Fanhilfe einschaltete und darauf hinwies, dass kein Anlass vorliege, habe die Polizei sie wieder ziehen lassen.

„Diese ständigen Kontrollen sorgen mittlerweile für Angst“, sagt Abdulhalim, „aber wir wollen uns nicht einschüchtern lassen.“ Sie überlegen noch, vor Gericht die Kontrollen als rechtswidrig feststellen zu lassen. Allerdings sind die Chancen auf einen Erfolg gering, weil der Nachweis in der Regel kaum zu erbringen ist.

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