Rassistischer Brandanschlag in Saarlouis: Anklage wegen Beihilfe zum Mord

Durch einen Brandanschlag in Saarlouis vor 30 Jahren starb der Geflüchtete Samuel Yeboah. Nach einem ersten Urteil ist nun ein zweiter Mann angeklagt.

Die Hände von Peter S. in Handschellen

Peter S. in Handschellen – seinem Komplizen wird Beihilfe zum Mord vorgeworfen Foto: Thomas Frey/imago

BERLIN afp/dpa | 32 Jahre nach dem tödlichen Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft im saarländischen Saarlouis hat die Bundesanwaltschaft Anklage gegen einen weiteren Mann erhoben. Peter St. wird Beihilfe zum Mord vorgeworfen, wie eine Sprecherin der Behörde in Karlsruhe am Montag sagte. St., damals eine Größe in der örtlichen Skinheadszene, soll den mutmaßlichen Haupttäter Peter S. beeinflusst haben.

Peter S. wurde im Oktober vom Oberlandesgericht Koblenz wegen Mordes und mehrfachen versuchten Mordes zu einer Jugendstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten verurteilt. Das Gericht sah als erwiesen an, dass er – durch Hass auf Ausländer motiviert – im September 1991 einen Brand in der Flüchtlingsunterkunft gelegt hatte.

Dabei starb der damals 27 Jahre alte Asylbewerber Samuel Yeboah. Zwei weitere Bewohner sprangen aus dem Fenster und brachen sich dabei Knochen. 18 Bewohner konnten sich unverletzt retten. Das Urteil gegen S. ist aber noch nicht rechtskräftig, der Bundesgerichtshof soll es überprüfen.

Der nun angeklagte Peter St. wurde im Juni festgenommen und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Der Anklageschrift zufolge soll er nach wie vor eine von nationalsozialistischen und rassistischen Überzeugungen geprägte Ideologie vertreten.

„Hier müsste auch mal sowas brennen“

In der Nacht vor dem Brandanschlag am 19. September 1991 soll er mit Gesinnungsgenossen eine Gaststätte in Saarlouis besucht haben. Darunter sei auch der spätere mutmaßliche Haupttäter S. gewesen. Die Gruppe habe sich in der Kneipe über die damaligen rassistisch motivierten Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte vor allem in Ostdeutschland unterhalten. St. habe im Gespräch deutlich gemacht, dass er einen solchen Anschlag auch in Saarlouis gutheiße. Im Beisein des ihm untergebenen S. soll er gesagt haben: „Hier müsste auch mal sowas brennen oder passieren.“ Davon beeinflusst und bestärkt, soll S. später im Treppenhaus der Unterkunft Benzin vergossen und angezündet haben.

Neben Beihilfe zu Mord wirft die Bundesanwaltschaft St. auch Beihilfe zu versuchtem Mord zum Nachteil von 20 Menschen vor. Über die Zulassung der Anklage entscheidet nun das Oberlandesgericht Koblenz.

Nach dem Anschlag blieben die Ermittlungen zunächst ohne Erfolg und wurden eingestellt. Der Fall galt als bekanntester ungelöster extremistischer Mordfall Deutschlands. Erst vor rund drei Jahren wurden die Ermittlungen wegen neuer Erkenntnisse wieder aufgenommen, die Bundesanwaltschaft übernahm den Fall.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Mit der taz Bewegung bleibst Du auf dem Laufenden über Demos, Diskussionen und Aktionen gegen rechts.

Hier erfährst du mehr

Rechtsextreme Terroranschläge haben Tradition in Deutschland.

■ Beim Oktoberfest-Attentat im Jahr 1980 starben 13 Menschen in München.

■ Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) um Beate Zschäpe verübte bis 2011 zehn Morde und drei Anschläge.

■ Als Rechtsterroristen verurteilt wurde zuletzt die sächsische „Gruppe Freital“, ebenso die „Oldschool Society“ und die Gruppe „Revolution Chemnitz“.

■ Gegen den Bundeswehrsoldaten Franco A. wird wegen Rechtsterrorverdachts ermittelt.

■ Ein Attentäter erschoss in München im Jahr 2016 auch aus rassistischen Gründen neun Menschen.

■ Der CDU-Politiker Walter Lübcke wurde 2019 getötet. Der Rechtsextremist Stephan Ernst gilt als dringend tatverdächtig.

■ In die Synagoge in Halle versuchte Stephan B. am 9. Oktober 2019 zu stürmen und ermordete zwei Menschen.

■ In Hanau erschoss ein Mann am 19. Februar 2020 in Shisha-Bars neun Menschen und dann seine Mutter und sich selbst. Er hinterließ rassistische Pamphlete.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.