Rede von Hisbollah-Chef Nasrallah: Kein Krieg bis Jerusalem

Der Hisbollah-Chef droht sonst gern, seine Miliz werde Israel ausradieren. Jetzt hält er sich zurück – und lädt die Verantwortung auf andere ab.

Menschen jubeln Hisbollah-Chef Nasrallah zu, der auf einem riesigen Bildschirm zu sehen ist

Holte seine Anhänger ab, ohne weiter zu provozieren Foto: Hassan Ammar/ap

In seiner zweiten Rede nach Beginn des Krieges hat der Hisbollah-Chef klargemacht, dass er den Krieg so weit wie möglich an den Grenzen halten und nicht ausweiten möchte. Seine Rede anlässlich des jährlichen Tages der Märtyrer nutze er für eine Art Update über die Gefechte gegen Israel und zur Aufzählung der bisherigen Angriffe der vom Iran geführten Milizen in der sogenannten „Achse des Widerstands“.

Nachdem er am Samstag zunächst über Märtyrer generell gesprochen hatte, lenkte er die Aufmerksamkeit auf die Kämpfe der Hamas in Gaza, auf pro-palästinensische Proteste im Westen und Aktionen anderer Akteure: Die Houtis im Jemen, Milizen im Irak und Syrien unter Assad.

Nasrallah musste herausarbeiten, warum die Milizen bereits genug im bewaffneten Kampf für den „Widerstand“ tun, um ihre Anhängerschaft nicht zu verlieren. Gleichzeitig hielt er sich mit Drohungen zurück. Und das ist überraschend, droht Nasrallah doch sonst damit, Israel von der Landkarte zu wischen und Jerusalem einzunehmen. Aus seiner Rede kann gelesen werden: Wir wollen nicht den größtmöglichen Schaden anrichten, sondern Macht einer geeinten Front demonstrieren. Wir wollen Hamas unterstützen, aber nicht ablenken. Denn der Hauptkrieg, so Nasrallah, sei in Gaza.

Wichtig an der Rede war, dass Nasrallah sagte, das unmittelbare Ziel sei nicht der bewaffnete Kampf gegen die USA, sondern ein Ende der Aggressionen in Gaza. „Diejenigen, die diese Aggression stoppen können, sind diejenigen, die sie anführen. Es sind die Amerikaner.“ Auch wenn Nasrallah es abstreitet, dass der Iran finale Entscheidungen für die schiitische Miliz trifft: Das deutet darauf hin, dass der Iran seine Milizen zwar kämpfen lässt, aber derzeit kein gesteigertes Interesse an einem ausgeweiteten Krieg über seine Proxies gegen die USA an Seite Israels hat.

Das heißt nicht, dass es keine Eskalation geben kann, Nasrallah hielt die Tür dafür offen. Aber laut dieser Aussagen spielt er den Ball stark in die Hände Israels und der USA, auch für diplomatische Lösungen und für einen Waffenstillstand.

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Auslandskorrespondentin für Westasien mit Sitz in Beirut. Hat 2013/14 bei der taz volontiert, Journalismus sowie Geschichte und Soziologie des Vorderen Orients studiert. Sie berichtet aus dem Libanon, Syrien, Iran und Irak, vor allem über Kultur und Gesellschaft, Gender und Fragen der sozialen Gerechtigkeit. Für das taz Wasserprojekt recherchiert sie im Libanon, Jordanien und Ägypten zu Entwicklungsgeldern.

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