Regierungskrise in Portugal: Ein ehrenvoller Rücktritt

Der Sozialdemokrat Antonio Costa verlässt nach Korruptionsvorwürfen sein Amt als Ministerpräsident. Das ist bedauerlich für Portugal, aber der richtige Schritt.

Portugals Regierungschef Antonio Costa tritt durch eine Tür und verlässt einen Raum

Beteuert seine Unschuld und tritt doch zurück: Portugals Premierminister Antonio Costa am 7. November Foto: Leonardo Negrao/Imago

Ja, es gibt tatsächlich Politiker, die umgehend zurücktreten, wenn Vorwürfe der Korruption gegen sie, Mitglieder ihres Kabinetts und persönliche Freunde erhoben werden. Antonio Costa, bis am Dienstagnachmittag Premierminister von Portugal, ist eine dieser seltenen Ausnahmen. Er ging, um die Würde des Amtes nicht zu beschädigen, auch wenn er seine Unschuld beteuert.

Die Vorwürfe gegen ihn, sollten sie sich bewahrheiten, wiegen schwer. Costas Umwelt- und Infrastrukturminister sowie sein Kabinettschef sollen zusammen mit einem Bürgermeister und mehreren Geschäftsleuten von Bergbaubetrieben, die Lithium für Batterien der E-Mobilität abbauen wollen und Unternehmen aus dem Bereich der Herstellung grünen Wasserstoffes, Lizenzen zugespielt haben.

Eine Ermittlung soll nun herausfinden, inwieweit Costa selbst in die Affäre verstrickt ist. Tatsächlich kam es für viele überraschend, dass es bei den Bergbaulizenzen für eine hochgiftige Aktivität im dünn besiedelten aber ökologisch wertvollen Norden Portugals so einfach positive Umweltgutachten gab. Auch saubere Energie kann ein schließlich ein sehr schmutziges Geschäft sein. Nicht zuletzt auch hier geht es um Millionen, viele Millionen.

Mit Costas Rücktritt geht ein Staatsmann, dessen Amtsführung Portugal gut getan hat. Der Sozialdemokrat hat sein Land aus dem europäischen Schutzschirm geführt und vom Internationalen Währungsfond wieder unabhängig gemacht. Und er hat viele der Maßnahmen aus der Zeit der von Berlin und Brüssel aufdiktierten Austerität rückgängig gemacht. Den PortugiesInnen ist zu wünschen, dass es unter einer Nachfolgeregierung bei dieser politischen Linie bleibt.

Die Justiz wird aufarbeiten, was tatsächlich geschehen ist. Und ob Costa handelte, um die Wirtschaft des armen südwesteuropäischen Landes zu stärken oder nur die eigenen Taschen zu füllen? Er ist gegangen, und das ehrt ihn, egal was die Ermittlungen zeigen. Denn er erspart damit dem Land das sonst eher übliche ewige lautstarke Gezänke in der Politik und vor den Gerichten, wie in den USA, in Österreich oder Israel bis hin zu Spanien.

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Reiner Wandler wurde 1963 in Haueneberstein, einem Dorf, das heute zum heilen Weltstädtchen Baden-Baden gehört, geboren. Dort machte er während der Gymnasialzeit seine ersten Gehversuche im Journalismus als Redakteur einer alternativen Stadtzeitung, sowie als freier Autor verschiedener alternativen Publikationen. Nach dem Abitur zog es ihn in eine rauere aber auch ehrlichere Stadt, nach Mannheim. Hier machte er eine Lehre als Maschinenschlosser, bevor er ein Studium in Spanisch und Politikwissenschaften aufnahm. 1992 kam er mit einem Stipendium nach Madrid. Ein halbes Jahr später schickte er seinen ersten Korrespondentenbericht nach Berlin. 1996 weitete sich das Berichtsgebiet auf die Länder Nordafrikas sowie Richtung Portugal aus.

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