Russland-Ermittlungen nach US-Wahl: Trump junior leakt Wikileaks-Chat

Der Sohn des US-Präsidenten hatte im Wahlkampf Kontakt zur Enthüllungsplattform. Wikileaks initiierte das Ganze, peinlich ist es für beide.

Ein Mann, Donald Trump junior, vor schwarzem Hintergrund

Bewegte sich in einer Dunkelgrau-Zone: Donald Trump junior Foto: ap

BERLIN taz | Es war offenbar ein recht einseitiger Flirtversuch, der sich zwischen der Enthüllungsplattform Wikileaks und Donald Trump junior im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahl 2016 abgespielt hat.

Über einen privaten Twitter-Chat versuchte Wikileaks offenbar den Sohn des damaligen Kandidaten und jetzigen Präsidenten, Donald Trump, zur Zusammenarbeit zu bewegen. Trump junior selbst hatte die Kommunikation am Montag öffentlich gemacht, nachdem zuvor die Zeitschrift The Atlantic darüber berichtet hatte.

Zwischen September 2016 und Juli 2017 kontaktierte Wikileaks Trump junior etwa ein Dutzend mal. Dieser sendete lediglich drei Antworten zurück. Nach der Wahl ignorierte er die Wikileaks-Kontaktversuche dann vollends.

Die erste Nachricht stammt vom 20. September. Wikileaks warnte Trump: „Die von einem PAC (Lobbygruppe) betriebene Anti-Trump-Webseite putintrump.org wird in Kürze online gehen“ und bot weitere Informationen. Trump junior antwortete, er werde sich zu dem Thema umhören. Anfang Oktober nahm er in einer seiner Antworten Bezug auf die neuen Clinton-Enthüllungen und schrieb: „Es ist erstaunlich, womit sie alles durchkommt.“

Wikileaks hat sich vor allem selbst geschadet

In einer weiteren Nachricht informiert Trump junior sich bei Wikileaks über bevorstehende neue Enthüllungen: „Was hat es mit den Mittwochs-Leaks auf sich, von denen ich ständig lese?“, fragte er am 3. Oktober, ohne eine Antwort zu erhalten. Danach antwortete er nicht mehr auf die Kontaktversuche.

Es ist unklar, wer auf Seiten von Wikileaks die Nachrichten verfasste, und auch, wie die Daten in die Öffentlichkeit gelangten. Im Zuge der diversen Russland-Ermittlungen hatte Trump junior nach übereinstimmenden Medienberichten das Chatprotokoll mehreren Parlamentsausschüssen zugänglich gemacht. Wer die Daten an die Medien „leakte“, machte The Atlantic aber nicht öffentlich.

Wikileaks hatte im Wahlkampf gestohlene interne Emails der Demokraten veröffentlicht. Es besteht der Verdacht, dass die Daten aus russischen Quellen stammten. Derzeit ermitteln Kongressausschüsse und ein Sonderermittler zu Russlands Einflussnahme auf die US-Wahl 2016.

Die Veröffentlichung könnte dem Image von Wikileaks schaden. Die Organisation präsentiert sich selbst gern als neutrale Enthüllungspllattform, die nur der Transparenz verpflichtet sei und nur zur Unterrichtung der Öffentlichkeit geheime Regierungsdokumente veröffentlicht. Der Chat mit Donald Trump junior legt jedoch nahe, dass die Plattform sich selbst als politischen Akteur sieht, eine eigene Agenda verfolgt und selbst Einfluss auf den Wahlkampf nehmen wollte.

Klare Ansage am Wahltag

Mehrfach bat Wikileaks Trump junior darum, dass dessen Vater und er Enthüllungen der Plattform zu Hillary Clinton über Social Media verbreiten und fragte, ob Trump der Plattform seine Steuerbescheide leaken könne. Am Wahltag – bevor sich Clintons Wahlniederlage abzeichnete – hielt Wikileaks Trump dazu an, dass Wahlergebnis nicht anzuerkennen, sollte die Demokratin gewinnen.

Doch auch Donald Trump junior bringen die Chat-Protokolle in Verlegenheit. Trotz der recht einseitigen Kommunikation ging der Sohn des US-Präsidenten auf die Kontaktversuche durch Wikileaks ein und erbat Informationen zu Enthüllungen – Enthüllungen, bei denen damals wie heute nicht ausgeschlossen ist, dass sie illegal und durch Hacker aus dem Ausland beschafft wurden. Außerdem machte er die Kommunikation erst öffentlich, nachdem Medien darüber berichtet hatten.

Und dann ist da noch die Frage, ob Trump junior im Wahlkampf direkt mit Russland zusammenarbeitete, um belastendes Material über Hillary Clinton zu erwerben. Bei einem Treffen zwischen Trump-Vertrauten vom Juli vergangenen Jahres war der Sohn des US-Präsidenten schließlich ebenfalls anwesend.

Zu den neuen Chatprotokollen ließ Trump junior über seinen Anwalt mitteilen, dass er sich keine Sorgen mache und alle Fragen zum Thema beantworet seien. Wikileaks hat per Twitter auf die chatprotokolle verlinkt, sich sonst aber nicht weiter dazu geäußert. Das könnte man intransparent nennen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.