Russland will Angriffe verstärken: Siegen, bevor der Winter kommt

In der vergangenen Woche kündigte die Ukraine eine Offensive im Süden des Landes an. Jetzt zieht Russland mit ähnlichen Äußerungen nach.

Ein Feuerwehrmann steht vor einem brennenden Fahrzeug in der Stadt Mykolajiw

Feuerwehreinsatz nach russischem Beschuss am 18. Juni in Mykolajiw Foto: Foto: George Ivanchenko/AP

BERLIN taz | Russland will seine Angriffe in der Ukraine erneut verstärken. Die „operative Pause“, die sich das russische Militär nach der nahezu vollständigen Eroberung des Donbass-Distrikts Luhansk vor einigen Wochen gegeben hatte, sei vorbei, gab das Verteidigungsministerium in Moskau am Samstag bekannt.

Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu verlieh bei einem Treffen mit den Kommandeuren der zentralen und südlichen russischen Armeen und den Armeechefs der separatistischen Donbass-„Volksrepubliken“ Tapferkeitsmedaillen und wies die russischen Truppen an, ihre Aktionen in sämtlichen Einsatzgebieten zu verstärken.

Das Institute for the Study of War in den USA prognostizierte in seinem jüngsten Lagebericht in der Nacht zu Sonntag erneute offensive Operationen Russlands entlang mehrerer Frontlinien. Es gibt auch Mutmaßungen, dass Russland demnächst eine Generalmobilmachung verkünden könnte, die den Einsatz von Reservisten ermöglicht.

Die Städte Siwersk und Bachmut im noch ukrainisch kontrollierten Teil des Donbass-Distrikts Donezk stehen im Mittelpunkt der aktuellen Angriffsbemühungen, wie aus verschiedenen Militärquellen hervorgeht. Prorussische Beobachter vermelden das Einrücken von Donezk-Separatisten in den Osten der Stadt Siwersk.

Kaum Bewegung, aber intensiver Beschuss

An anderen Stellen halten die ukrainischen Verteidiger eigenen Angaben zufolge den Angriffen stand. An der Donbass-Hauptfront direkt westlich von Donezk, wo sich russische und ukrainische Truppen seit 2015 in Schützengräben und befestigten Stellungen gegenüberstehen, gibt es kaum Bewegung, aber intensiven gegenseitigen Beschuss.

Russland antwortet mit der erneuten Offensivankündigung auf die Ankündigung der Ukraine aus der vergangenen Woche, nunmehr den Süden des Landes von der russischen Besatzung befreien zu wollen. Die ukrainischen Aktivitäten dort konzentrieren sich derzeit noch auf Beschuss der russischen Militärinfrastruktur im Hinterland, um den Besatzungstruppen den Nachschub zu nehmen.

Die systematische Zerstörung russischer Munitions- und Rüstungslager mit den neu aus westlichen Ländern erworbenen Mehrfachraketenwerfersystemen soll es den ukrainischen Streitkräften irgendwann einfacher machen, die russischen Frontlinien im Süden der Ukraine zu durchbrechen oder Frontstellungen in die Zange zu nehmen.

Um die Ukraine daran zu hindern, ihre Kräfte auf die geplante Gegenoffensive im Süden zu konzentrieren, könnte Russland ukrainischen Berichten zufolge einen erneuten Vorstoß auf Charkiw, die zweitgrößte ukrainische Stadt, im Nordosten des Landes einleiten. Die ukrainischen Streitkräfte hatten russische Truppen im Mai erfolgreich aus den Vorstädten Charkiws bis an die russische Grenze zurückgedrängt. Zuletzt hatte der Beschuss auf die Großstadt wieder zugenommen. Heftig und regelmäßig wird auch die Frontstadt Mykolajiw im Südwesten des Landes bombardiert. Insgesamt verzeichnet die Ukraine eine deutliche Zunahme von getöteten Zivilisten durch Artillerie- und Raketenangriffe auf städtische Ziele.

Beide Seiten haben offenbar einen langen Atem. Alles, was vor Wintereinbruch geschehen soll, muss jetzt vorbereitet werden, warnen Militärexperten.

„Es sind noch etwa vier Monate bis zum Winter“, schrieb am Sonntag der australische Militäranalyst Mick Ryan auf Twitter. „Die kommenden Monate könnten die gewaltsamsten und blutigsten des Krieges werden. Es wird auf beiden Seiten Überraschungen und Verluste geben. Doch nach fünf Monaten Krieg lassen weder die mutigen Ukrainer noch die Russen schwindenden Siegeswillen erkennen.“

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