Streamingfilme an Halloween: Ein Albtraum voller Ratten

An Halloween bieten Streaminganbieter Filme aus dem Horrorgenre an. Aber nicht alle glänzen mit Qualität. Eine Ausnahme: „Cabinet of Curiosities“.

Ein Sarg wird zugenagelt

Kein Horror ohne Särge Foto: Netflix

Das grusligste an Halloween ist die Qualität der vielen Filme und Serien aus dem Horrorgenre auf nahezu jedem Streamingportal. Auch wenn gelegentlich mal ein Trash-Juwel auftaucht. Die Hauptprobleme: Es gibt keinen Grusel, es gibt keinen Plot, es gibt immense Plot-Holes, man sieht nichts (weil zu dunkel gedreht), die Geschichte ist absehbar, es gibt keinerlei Gefühle (außer Angst). Netflix aber hat diese Saison Guillermo del Toro im Programm mit einer von ihm zusammengestellten Anthologie: „Cabinet of Curiosities“.

Del Toro ist ein großartiger Regisseur, für den Angst und Unterhaltung nicht die einzigen Gründe für Geschichten sind. „Pans Labyrinth“ (2006) hat zurecht drei Oscars gewonnen. Im faschistischen Spanien 1944 versucht ein Mädchen den Wirren des Krieges zu entfliehen und kommt in Kontakt mit einer verborgenen magischen Welt. Anders als Alice ist es jedoch kein Wunderland mit kiffender Raupe, sondern ein Albtraum mit Kinderfressern und Menschenopfern – als wäre die Realität nicht schlimm genug. Wir sehen alte Seelen, die von Hass, Gewalt und Paranoia zerfressen sind und hoffen zwischen Jump Scares und Ekelaufnahmen, dass das Kind nicht zerspringt. Horror, der geht bei del Toro vor allem durch die Darstellung anderer Emotionen, die viel verheerender sein können als Angst. Das zeigt sich auch in den Filmen, die er für die Anthologie ausgesucht hat.

Er will Geschichten zeigen, die ihn nicht mehr loslassen, seit er sie gelesen oder sich erdacht hat. Er hat alte und neue Re­gis­seu­r*in­nen ausgesucht, die gut vorgelegt haben im Genre, und sie insgesamt acht Episoden zwischen etwa 45 und 60 Minuten drehen lassen. Für zwei davon hat er dann auch selbst am Drehbuch mitgewirkt. Leider auch bei der ersten, die direkt zum Abbruch der Serie verleiten könnte: Da ersteigert ein verschuldeter Rassist einen Lagerraum, ist ätzend zu allen und muss dann entdecken, dass ein Dämon mit im Spiel ist. Na, wie könnte das ausgehen? Spoiler braucht es nicht, Sie werden es selbst nach drei Minuten ahnen.

Das gute: Man kann sich frei aussuchen, welchen Film man ansieht. Eingeführt werden sie immer von del Toro selbst, der als Zeremonienmeister vor ein aufgebautes Kuriositätenkabinett schreitet, Türchen und Klappen öffnet, Gegenstände herausholt oder versenkt und den thematischen Rahmen steckt für das, was kommt. Dabei erinnert er so sehr an X-Faktor-Ikone Jonathan Frakes, dass man fast schon enttäuscht ist, dass er nicht nach der jeweiligen Episode fragt: „Was meinen Sie, ist die Geschichte wahr oder haben wir Sie frei erfunden?“

„Guillermo del Toro's Cabinet of Curiosities“ auf Netflix

Tempel der Verdammten

Da ist für je­de*n etwas dabei, der*­die Spaß an Angst hat. Wie wäre es mit einem Parasiten, der sich in menschlichen Körpern einnistet? Oder wollen Sie lieber lachen, während ein Mann seine Würde verliert? Dann begleiten Sie den Friedhofsverwalter Masson. Der beklaut die vergrabenen Leichen – solange bis er sich mit einem Lovecraft-Zombie-Wesen in einem Tempel der Verdammten anlegt und auf ein Riesenrattenweibchen trifft, deren Nachkommen die Stadt oder zumindest die Friedhöfe kontrollieren.

Seien Sie dabei, wenn Menschen tief stürzen oder dunkle Triumphe feiern. Aber drehen Sie sich dabei niemals um!

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