Streik im Anne Frank Zentrum: Ein „Leuchtturm“ der Branche

Beschäftigte des Anne Frank Zentrums und anderer Träger aus dem Sozialbereich haben am Donnerstag gestreikt. Sie fordern gleiche Arbeitsbedingungen.

Ein Mopskissen wird auf einem Stock in die Höhe gestreckt, im Hintergrund Demonstrant*innen. Auf dem Kissen steht: "Tarifvertrag JETZT!"

Was Möpse mit Tarifstreit zu tun haben? Das wissen wir auch nicht Foto: dpa

BERLIN taz | Die Geschichte der von den Nazis ermordeten Anne Frank ist weltberühmt, nicht zuletzt wegen Bildungseinrichtungen wie dem Anne Frank Zentrum am Hackeschen Markt. Doch an diesem Morgen herrscht in dem Museum gähnende Leere. Am Donnerstag haben die Mit­ar­bei­te­r*in­nen des Zentrums zusammen mit etwa 400 Beschäftigten aus dem Sozialbereich gestreikt: Erzieher*innen, So­zi­al­ar­bei­te­r*in­nen und Pfleger*innen.

Der Anlass des Warnstreiks, für den die Gewerkschaft Verdi mobilisiert hat, ist ein lang schwelender Konflikt. Wie viele Angestellte freier Träger – also gemeinnütziger Organisationen, die soziale Aufgaben im Auftrag des Staates übernehmen – kritisieren die Streikenden, dass sie unter schlechteren Bedingungen als ihre direkt beim Land angestellten Kol­le­g*in­nen arbeiten. Zentrale Forderung der Kundgebung ist deshalb die Angleichung ihrer Verträge an den Tarifvertrag der Länder (TV-L).

Für die Mit­ar­bei­te­r*in­nen des Anne Frank Zentrums ist das aber nicht das einzige Problem. Knapp die Hälfte ihrer Mit­ar­bei­te­r*in­nen sind frei angestellt, arbeiten also ohne festen Vertrag. So wie Mareike Schäffer. Ihre niedrigeren Löhne und die fehlende Entlohnung langer Reisezeiten führe insgesamt zu einer Bezahlung unterhalb des Mindestlohns, kritisiert sie. Dazu würden Jahre der Arbeitserfahrung als frei­e*r Mit­ar­bei­te­r*in nach einer Festanstellung nicht genug berücksichtigt werden, und auch an betrieblicher Altersvorsorge mangele es.

Verhandlungen seit April

Die Aufgabe, die dem Vorstand des Anne Frank Zentrums jetzt zufällt, so Schäffer, sei es, den Druck der Mit­ar­bei­te­r*in­nen auf die nächste politische Ebene zu bewegen. So soll mehr Geld vom Bund für die Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen erwirkt werden – denn mangelnde finanzielle Mittel seien Hauptargument gegen die Forderungen der Streikenden.

Schon seit April feilschen der Vorstand und Verdi um die Arbeitsbedingungen der Mit­ar­bei­te­r*in­nen des Zentrums. 70 Prozent von ihnen seien mittlerweile gewerkschaftlich organisiert, erklärt ein Mitarbeiter. Deshalb ist seitens Verdi von einer Leuchtturmwirkung gewerkschaftlichen Engagements die Rede, auch für Angestellte anderer Organisationen. Den gemeinsamen Einsatz möglich gemacht, so Schäffer, hätten regelmäßige Treffen zwischen den Mit­ar­bei­te­r*in­nen des Zen­trums, Unterstützung seitens des Projekts „Haus der Selbstständigen“ und nicht zuletzt die Solidarität zwischen Freien und fest Angestellten.

Euphorie wagen die Mit­ar­bei­te­r*in­nen angesichts des neu geplanten Bundeshaushalts trotzdem nicht – um 20 Prozent sollen die Mittel für politische Bildung gesenkt werden. „In Zeiten antisemitischer Anfeindungen und rechtsextremer Wahlerfolge bei der politischen Bildung zu kürzen ist brandgefährlich“, sagt Roman Guski, Mitglied der Verdi-Tarifkommission.

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