Wege zur Befreiung der Hamas-Geiseln: Deutschland macht sich klein

Wenn Deutschland die Freilassung der von der Hamas festgehaltenen Geiseln wichtig ist, muss es sich für einen Waffenstillstand einsetzen.

Eine Frauenhand hält eine Sanduhr

Efrat Macfhikawa, Nichte der Geisel Gadi Moshe Mozes, hält symbolisch eine Sanduhr in der Botschaft Israels Foto: Christoph Soeder/dpa

Noch sind über 130 Geiseln in der Gewalt der Hamas, und das schon seit über 100 Tagen. Verzweifelt drängen deren Angehörige und Freunde darauf, dass ihr Schicksal nicht in Vergessenheit gerät. Es ist gut, dass in Deutschland daran erinnert wird, zumal unter den Geiseln auch deutsche Staatsbürgerinnen und -bürger sind. Aufgabe einer kritischen Öffentlichkeit wäre es aber auch, die Bundesregierung hier stärker in die Pflicht zu nehmen.

Denn die Bundesregierung könnte mehr tun, um auf eine Freilassung der Geiseln hinzuwirken. Sie könnte sich zum Beispiel für einen Waffenstillstand und Verhandlungen starkmachen. Schließlich kamen im November rund 100 Geiseln frei, nachdem Israel mit der Hamas darüber verhandelt hatte. Dazu brauchte es eine Feuerpause. Und die bräuchte es jetzt wieder.

Selbst wenn man 24.000 getötete Palästinenserinnen und Palästinenser als „Kollateralschaden“ betrachtet, wie es manche tun – allein um das Leben der Geiseln zu retten, müssen die Waffen schweigen. Seit Israels Regierung ihren Krieg wieder mit unverminderter Härte weiterführt, sind mehrere Geiseln gestorben, drei wurden irrtümlich von israelischen Soldaten erschossen. Mit jedem Tag, den der Krieg weitergeht, schwindet die Hoffnung, dass die übrigen Geiseln ihn überleben. Außerdem könnte Deutschland mehr Druck auf Katar machen, um die Hamas zum Einlenken zu bewegen. Der umstrittene Gasdeal mit dem Emirat könnte dafür ein Hebel sein.

Außenministerin Annalena Baerbock fordert von Israel, mehr humanitäre Hilfe nach Gaza zu lassen und mehr für den Schutz der Zivilistinnen und Zivilisten zu tun. Sie hat ihren Ton verschärft, aber was hat sie in der Hand? Das bleibt unklar. Um die humanitäre Krise im Gazastreifen zu lindern, muss die Bundesregierung den Druck auf Israel erhöhen und mit Konsequenzen drohen, falls nichts passiert.

Stattdessen belässt es die Außenministerin bei wohlfeilen Appellen. Damit macht sich Deutschland kleiner, als es ist. Denn ohne Druckmittel, über die Deutschland zweifellos verfügt, gehen alle Forderungen ins Leere. Dann bleibt jede Empörung folgenlos.

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Daniel Bax ist Redakteur im Parlamentsbüro der taz. Er schreibt über Innen- und Außenpolitik in Deutschland, über die Linkspartei und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW). 2015 erschien sein Buch “Angst ums Abendland” über antimuslimischen Rassismus. 2018 veröffentlichte er das Buch “Die Volksverführer. Warum Rechtspopulisten so erfolgreich sind.”

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