Wiedereinstieg in die Atomkraft: Warnzeichen Niedersachsen

Die CDU will die Atomkraft zurückhaben. Was ein Wiedereinstieg ökologisch und finanziell bedeuten würde, ist in Niedersachsen zu besichtigen.

Ein Bergmann steht unter Tage im Schacht Konrad.

Endlager und Milliardengrab: das ehemalige Eisenerzbergwerk Schacht Konrad in Salzgitter Foto: dpa | Julian Stratenschulte

Die CDU will wieder in die Atomkraft einsteigen. In ihrem Entwurf für ein neues Grundsatzprogramm kommt die Partei zu dem Schluss, dass Deutschland „zurzeit nicht auf die Option Kernkraft verzichten“ könne. Zur „Gesamtenergieversorgung von morgen“ gehörten auch AKW. Zur Erinnerung: Nach dem Reaktorunfall in Fukushima 2011 waren es die Christdemokraten, die unter Kanzlerin Angela Merkel das Ende der Atomenergie einläuteten.

Wie sie den Wiedereinstieg genau bewerkstelligen will, bleibt die CDU wohlweislich schuldig. Fragt man nach, wird diffus auf den angeblichen deutschen Sonderweg verwiesen: Während rundum in Europa und der Welt wieder oder immer noch auf Kernkraft gesetzt werde, verweigerten „wir“ uns aus ideologischen Gründen dieser umweltfreundlichen und klimaneutralen Technologie.

Abgesehen davon, dass Atomkraft alles andere als ökologisch und – betrachtet man den gesamten nuklearen „Kreislauf“ vom Uranabbau bis zur Atommüllentsorgung – auch bei weitem nicht klimaneutral ist, führt der Hinweis auf das vermeintlich einsichtige Ausland in die Irre. Denn weltweit hat die Atomenergie ihren Zenit längst überschritten. Mitte 2023 waren in 32 Staaten 407 Reaktoren am Netz, vor 20 Jahren waren es noch 438. Nennenswerte Neubauten gibt es lediglich in den USA und China.

Im Atomland Frankreich, das die CDU so gern lobt, stand im Sommer mal wieder mehr als die Hälfte der rund 50 Meiler umfassenden AKW-Flotte wegen technischer Probleme still. Der staatliche Energieversorger EDF ist mit 65 Milliarden Euro verschuldet, auch weil er den teuren Atomstrom unter Marktpreis verkaufen muss. Bei den wenigen aktuellen AKW-Neubauprojekten in Frankreich, Großbritannien und Finnland explodieren die Preise. Auch in Deutschland haben die Energiekonzerne längst abgewunken: Atomkraftwerke ohne massive staatliche Subventionen zu bauen, lohnt sich nicht. Die Erneuerbaren sind viel günstiger.

Die Atomkraft ist international auf dem Rückzug

In Wahrheit ist es die CDU, die aus ideologischen Gründen an der Dino-Technologie festhält. Wohin das führt, ist auch in Niedersachsen zu besichtigen. Mehr als zwei Milliarden wurden für die Erkundung des untauglichen Endlager-Standorts Gorleben verpulvert, der Rückbau des Bergwerks kostet mindestens 200 Millionen Euro. Fast drei Milliarden Euro flossen schon in die Umrüstung der alten Eisenerzgrube Konrad in Salzgitter zum Bundesendlager für schwach und mittelradioaktive Abfälle. Ob das Projekt Bestand hat, ist offen. Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (Grüne) gibt am Dienstag bekannt, ob er die Baugenehmigung für Konrad widerruft.

Die marode Schachtanlage Asse II bei Wolfenbüttel, in der zwischen 1967 und 1978 „versuchsweise“ 126.000 Atommüllfässer versenkt wurden, muss geräumt werden. Die Grube droht einzustürzen und voll Wasser zu laufen.

Auch die abgeschalteten Atomkraftwerke im Bundesland geben Anlass zur Sorge. Im AKW Emsland, das im April vom Netz ging, wurden dieser Tage mehrere Fässer mit Atomschrott entdeckt, die Risse an den Deckeln aufwiesen.

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Jahrgang 1955, Journalist und Buchautor. Schwerpunkte: Umwelt, Atomkraft, Verkehr, Flucht & Asyl, Fußball. Schreibt u.a. für taz, nd, Tagesspiegel, Weser-Kurier und die Nachrichtenagentur epd. Leitet taz-Radreisen ins Wendland.

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