Hartz IV-Novelle: Wundschmerz in der SPD

Hochnervös streitet die SPD um eine Verlängerung des Arbeitslosengeldes I für ältere Arbeitslose. Beck und Müntefering wollen den Konflikt einhegen.

Lieber nicht eskalieren. Bild: dpa

BERLIN dpa/rtr/taz Der Streit in der SPD ist noch nicht beigelegt: Arbeitsminister Franz Müntefering blieb auch gestern bei seiner Weigerung, die Hartz-Reformen zu korrigieren. SPD-Parteichef Kurt Beck hatte vorgeschlagen, dass Arbeitslose über 45 Jahren in Zukunft 15 Monate Arbeitslosengeld I bekämen. Die über 50-Jährige sollten die Leistung sogar bis zu zwei Jahre lang erhalten. Heute bekommen Arbeitslose maximal ein Jahr lang das sogenannte ALG I. Für über 55-jährige sind es 18 Monate.

Allerdings versuchten die Kontrahenten Beck und Müntefering die Debatte wieder zu kanalisieren. So hatte Beck bereits am Dienstag betont: "Die Agenda 2010 wird ausdrücklich nicht in Frage gestellt." Es gehe um eine "Sachentscheidung, die im Moment unterschiedlich bewertet wird". Müntefering wiederum sagte, dass es nicht um eine prinzipielle Frage gehe.

Am Mittwochabend ergab sich dann für Beck nochmals die Gelegenheit, Schadensbegrenzung zu betreiben, als er eine Laudatio auf Gerhard Schröder hielt, der in Berlin mit dem Quadriga-Preis ausgezeichnet wurde. In seiner Rede lobte Beck ausdrücklich die Agenda 2010 - sie sei "richtig und notwendig" gewesen. Er beabsichtige nicht die "Abkehr von Reformen". Allerdings hielt er an seinen Plänen für das Arbeitslosengeld I fest - dies sei als "Weiterentwicklung" von Schröders Ansätzen zu sehen.

Unterstützt wird Beck von der designierten Parteivize Andrea Nahles: "Ich bin nicht gewillt, dass wir die nächsten zehn Jahre immer nur nach hinten gucken." Die Realitäten hätten sich verändert. Auch Ver.di-Chef Frank Bsirske nannte ein verlängertes Arbeitslosengeld I für Ältere "überfällig", vor allem angesichts der Milliardenüberschüsse, die die Bundesagentur für Arbeit derzeit erziele. Schützenhilfe gab es auch von Thüringens SPD-Chef Christoph Matschie.

Im Übrigen geben auch einzelne CDUler Beck Recht, wie etwa der nordrhein-westfälische Arbeitsminister Karl-Josef Laumann. Die CDU hat ein ähnliches Konzept bereits beschlossen, allerdings soll danach bei jüngeren Arbeitslosen im Gegenzug gekürzt werden.

Der scheidende SPD-Parteivize Jens Bullerjahn dagegen stützt Müntefering: Die Parteispitze verfüge offenbar über kein Gesamtkonzept, kritisierte er. Müntefering selbst war um Schadensbegrenzung bemüht: "Es geht den Freunden ganz sicher darum, vernünftige Politik zu organisieren", erklärte er. Ältere hätten aber dank der SPD-Reformen bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt, erläuterte er seine Ablehnung des Beck-Vorschlags.

Auf dem SPD-Parteitag Ende Oktober, für den der SPD-Vorstand am 22. Oktober einen Antrag in dieser Sache formulieren will, gehe es aber um eine Perspektive über die Legislaturperiode hinaus.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.