Folgen der Sparpolitik: Unheilvolle Verteilungskämpfe

Der Haushalt der Ampel führt nicht nur zu Konflikten im Inland. Er schadet auch der Solidarität mit der Ukraine und Deutschlands Rolle in der Welt.

Bundeswirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck gemeinsam mit Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesfinanzminister Christian Lindner

Schuldenbremse aussetzen? Die Diskussion darüber wird kein Vergnügen Foto: imago

Der Haushalt ist fertig, erledigt hat er sich aber noch nicht. Die Ampel-Fraktionen im Bundestag haben sich diese Woche zwar endlich auf einen Etat für 2024 verständigt, die Abstimmung darüber ist nur noch Formsache. Die Koalition ist sich aber auch einig darüber, dass sie im Laufe des Jahres vielleicht noch mal ran muss: Gut möglich, dass die USA die Unterstützung der Ukraine einstellen. Sollte Kyjiw in dem Fall überhaupt noch eine Chance haben, den Krieg gegen Russland zu bestehen, dann nur mit massiv aufgestockter Hilfe aus Deutschland.

Um mehr Waffen bezahlen zu können, aber auch mehr Zelte, Wirtschafts- und Wiederaufbauhilfen, müsste die Ampel die Schuldenbremse doch wieder aussetzen. Das wäre richtig. Die Diskussion darüber wird aber sicher kein Vergnügen.

Sie träfe auf eine nervöse und missgünstige Stimmung im Land, die die Ampel mit ihrem Haushalt selbst befeuert. Ein paar Härten der Budgetplanung hat sie in ihren letzten Verhandlungsrunden zwar zurückgenommen. Das Grundübel dieses Etats bleibt aber: Auf Krisen und Rezession reagiert die Regierung mit Sparen statt mit Investitionen. Die Proteste einzelner Branchen wie der Landwirtschaft sind die direkte Folge, und deren Charakter ist unheilvoll.

Die zwangsläufig ausbrechenden Verteilungskämpfe richten sich nämlich nicht gegen die Profiteure der Krisen, gegen die Reichen, die stärkere Lasten tragen könnten. Bevorzugt richten sie sich zum einen gegen die Armen, etwa gegen vermeintlich faule Bürgergeld-Berechtigte, und zum anderen gegen Aus­län­de­r*in­nen – wozu der Asylsuchende in Wanne-Eickel genauso zählen kann wie der Präsident der Ukraine oder die Radfahrerin in Lima. In der Sparpolitik lauert nicht nur eine Gefahr für die innere Verfasstheit der Bundesrepublik, sondern auch für ihr Engagement in der Welt.

So lautet ein Vorwurf, der es in den letzten Wochen von ganz rechts bis hinein ins konservative Milieu geschafft hat: Statt für die deutschen Bauern werfe die Ampel das Geld für Kühlschränke in Kolumbien und Radwege in Peru raus. Allen Ernstes twitterte das zuletzt sogar CSU-Generalsekretär Martin Huber. Dass diese Projekte einst von der Union mit guten Gründen auf den Weg gebracht wurden und dass die Ampel schon massiv in der Entwicklungszusammenarbeit kürzt? Geschenkt.

So könnte es auch im Fall der Ukraine laufen. Zumindest die deutschen Konservativen stehen in der Frage zwar noch einigermaßen stabil. Die Solidarität ist aber auch hierzulande nicht unumstritten. Und falls zum Beispiel die Landwirte irgendwann in diesem Jahr die Frage stellen, warum die Bundesregierung für ihren Dieselrabatt kein Geld mehr hatte, für Generatoren in Kyjiw aber neue Kredite aufnimmt – dann kann man das als unmoralisch und geostrategisch kurzsichtig abtun. Überraschen sollte es aber niemanden.

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Geboren 1988, arbeitet seit 2013 für die taz. Schreibt als Parlamentskorrespondent unter anderem über die Grünen, deutsche Außenpolitik und militärische Themen. Leitete zuvor das Inlandsressort.

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