Meduza-Auswahl 11. – 17. Januar: Eine letzte unerfüllte Hoffnung

Der oppositionelle russische Dichter Lew Rubinstein ist gestorben. Seine klare Haltung gegen den Krieg wird in Russland fehlen. Texte aus dem Exil.

Lew Rubinstein hat eine runde Brille und Bart

Lew Rubinstein Foto: Jussi Nukari/dpa

Das russisch- und englischsprachige Portal Meduza zählt zu den wichtigsten unabhängigen russischen Medien. Im Januar 2023 wurde Meduza in Russland komplett verboten. Doch Meduza erhebt weiterhin seine Stimme gegen den Krieg – aus dem Exil. Die taz präsentiert seit 1. März 2023 unter taz.de/meduza immer mittwochs in einer wöchentlichen Auswahl, worüber Meduza aktuell berichtet. Das Projekt wird von der taz Panter Stiftung gefördert.

In der Woche vom 11. bis zum 17. Januar 2024 berichtete Meduza unter anderem über folgende Themen:

Zum Tod von Lew Rubinstein

Am 14. Januar ist der russische Dichter und Essayist Lew Rubinstein im Alter von 76 Jahren in Moskau gestorben. Tage davor wurde er von einem Auto angefahren, die Ärzte konnten den Dichter nicht mehr retten. Viele Jahrzehnte lang war Lew Rubinstein, einer der Begründer und Führer des Moskauer Konzeptualismus, nicht nur ein wichtiges Symbol des kreativen und kulturellen Lebens in der russischen Hauptstadt, sondern auch eine öffentliche Figur mit einer klaren Haltung. Er stand in ständiger Opposition zu den sowjetischen und russischen Behörden. Der Dichter positionierte sich stets gegen den Krieg – schon seit dem russischen Angriff auf die Ukraine im Jahr 2014.

Meduza hat in diesem Beitrag (russischer Text) Zitate aus Interviews und Reden von Rubinstein in den letzten Jahren gesammelt. Zur politischen Lage in Russland und zum laufenden Ukraine-Krieg äußerte er sich bis zu seinem Tod: „Das, was ich für den Rest meines Lebens sehen möchte, werde ich nicht mehr sehen. Falls ich es doch sehe, wird es nur ein Bonus sein.“

Welches Narrativ der Kreml bei den Wahlen spinnt

Die russischen Präsidentschaftswahlen im März 2024 werden sicherlich ein Spektakel im Sinne Wladimir Putins. Meduza fragt: Wie wird der Kreml dieses Mal Putins „Sieg“ erklären?

Über seine Gegenkandidaten ist wenig bekannt: Jekaterina Dunzowa, eine Journalistin aus Rschew, 200 km westlich von Moskau gelegen, wird etwa nicht an der Wahl teilnehmen können. Die Zentrale Wahlkommission hatte sich geweigert, sie zu registrieren. Die Fraktionsvorsitzenden im Parlament, Gennadi Sjuganow und Alexei Nechajew, haben eine Anfrage der Präsidialverwaltung abgelehnt, in der Präsidentschaftswahlen zu kandidieren. Denn sie währen eben gerade einmal „Sparringspartner“ Putins. Beide lehnten ihre Teilnahme ab und priesen stattdessen unbekannte Vertreter der Parteien KPRF und des Neuen Volkes als Kandidaten an. Putin wird sie dann im März „besiegen“.

Die neue Folge des Meduza-Podcasts „Ein Blick auf den Kreml“ (russischer Text) beschäftigt sich mit diesen Seilschaften. Als Gäste geladen sind die Wirtschaftspolitikerin und Soziologin Alexandra Prokopenko und der Meduza-Kolumnist Andrei Perzew.

Für den Krieg – und nun trotzdem in Haft

Normalerweise landen in Russland Kreml- und Kriegskritiker im Gefängnis. In den letzten Tagen wurde jedoch der linke Politiker Sergei Udalzow inhaftiert – obwohl der sich immer wieder für den Krieg ausgesprochen hatte. Ihm wird „Rechtfertigung von Terrorismus“ wegen eines Posts auf dem Telegram-Kanal vorgeworfen. Um welchen Beitrag es sich handelt, ist unklar.

Bereits im Sommer wurde Igor Strelkow, der die Invasion aktiv unterstützte, aber die russischen Behörden für den Verlauf des Krieges kritisierte, wegen „Aufrufs zum Extremismus“ in seinen Beiträgen in einem Telegram-Kanal verhaftet. Im vergangenen November kündigte Udalzow an, dass Strelkow an „Vorwahlen zur Wahl eines einzigen Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen aus linken und patriotischen Kräften“ teilnehmen werde.

In diesem Beitrag (russischer Text) veröffentlicht Meduza ein Porträt über Udalzow. Unter anderem erinnert sich das Exilmedium an ein Interview im Herbst 2023 mit dem unabhängigen russischen Medium Holod, in dem er sagte, er habe „eine Menge Kritik“ an der Art und Weise, wie die „spezielle Militäroperation“ durchgeführt wurde. Der inhaftierte Oppositionelle Alexei Nawalny bezeichnete er in diesem Gespräch als „Landesverräter“.

Oppositioneller fordert Sanktionen gegen Lukaschenko

Der belarussische Oppositionspolitiker Andrei Sannikow sprach mit Meduza (englischer Text) über Sanktionen gegen Lukaschenkos Regime und die Freilassung politischer Gefangener. Das Exilmedium traf Sannikow am Rande des internationalen Sicherheitsforums in Halifax, Kanada, im vergangenen November. Seit Jahren setzt er sich in diesem Forum für ein freies und demokratisches Belarus ein, und auch für die Hunderte von belarussischen politischen Gefangenen.

Im Jahr 2010 war Sannikow einer der neun Oppositionskandidaten, die gegen Lukaschenko antraten, als er zur Wiederwahl stand. Die offiziellen Ergebnisse gaben Sannikow mit weniger als zweieinhalb Prozent der Stimmen den zweiten Platz. Angesichts der Vorwürfe der Wahlmanipulation und darauffolgender massiver Proteste ging Lukaschenko mit brutaler Härte gegen Demonstranten und Oppositionelle vor. Hunderte wurden verhaftet.

Für Sannikow sind die laufenden Sanktionen gegen den belarussischen Regierungschef „nicht ausreichend“. „Sanktionen müssen eingesetzt werden, um das Leben von Menschen zu retten, und deshalb setze ich mich immer für immer stärkere Sanktionen ein, mit dem einzigen Ziel, die Freilassung aller politischen Gefangenen zu fordern“, so der Oppositionspolitiker.

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