Razzia in rechter Szene: "Collegium Humanum" verboten

Nach langem Hickhack verbietet Innenminister Wolfgang Schäuble Organisationen von Holocaust-Leugnern. Am Mittwoch liefen zudem bundesweite Razzien gegen die Vereine.

Wolfgang Schäuble bezeichnete die verbotenen Vereine als "Sammelbecken organisierter Holocaust-Leugner". Bild: dpa

Nach langjähriger Diskussion hat Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) das rechtsextremistische "Collegium Humanum", dessen Unterorganisation "Bauernhilfe" und den "Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten" verboten.

Bei einer bundesweiten Großrazzia mit Schwerpunkten in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hessen wurden gleichzeitig über 30 Immobilien durchsucht. Alle drei Vereine seien "Sammelbecken organisierter Holocaust-Leugner", so das Bundesinnenmisterium zur Begründung. "Die geistigen Brandstifter, mit denen wir es hier zu tun haben, sind der Nährboden, aus dem letztlich auch rassistisch motivierte Gewalt erwächst", sagte Schäuble.

Das im ostwestfälischen Vlotho ansässige "Collegium Humanum" war 1963 von dem ehemaligen NSDAP- und SS-Mitglied Werner Georg Haverbeck gegründet worden. Das Schulungszentrum des bekennenden Holocaust-Leugners Haverbeck entwickelte sich schnell zu einem Treffpunkt von Rechtsextremisten: Auschwitz-Leugner wie der Kanadier Ernst Zündel oder der Neonazi Manfred Roeder verbreiteten von Vlotho aus, der Massenmord an den europäischen Juden sei nichts weiter als Propaganda der Alliierten. 1984 traf sich dort sogar ein sogenanntes "Komitee zur Vorbereitung der Feierlichkeiten zum 100. Geburtstags Adolf Hitlers".

Nach dem Tod Haverbecks wurde dessen Frau, Ursula Haverbeck-Wetzel, Vorsitzende des Trägervereins des "Collegium Humanum" - und erhielt wegen Leugnens des Holocaust prompt eine Geldstrafe von 5.400 Euro. Dennoch blieb der Verein nach Recherchen der "Tagesschau" zumindest bis Ende 2007 als gemeinnützig anerkannt. Spenden an die Rechtsextremen konnten damit von der Steuer abgesetzt werden. Zwar klagte Haverbeck-Wetzel Mitte März in einem Brief, diese Steuerbefreiung werde nun nicht mehr gewährt. Unter Hinweis auf das Steuergeheimnis verweigert Nordrhein-Westfalens zuständiger Finanzminister Helmut Linssen aber bis heute jede Stellungnahme zur möglichen Gemeinnützigkeit des Vereins - zweier Anfragen der Düsseldorfer Landtagsfraktion der Grünen zum Trotz. Linssen zeige "ein erschreckendes Desinteresse am Thema Rechtsextremismus", sagt die innenpolitische Sprecherin, Monika Düker.

Mit dem Verbot aber entzieht das Bundesinnenministerium den Rechtsextremisten nun jede Arbeitsgrundlage. "Gebäude werden beschlagnahmt, das Vereinsvermögen eingezogen, Internetseiten abgeschaltet", so ein Ministeriumssprecher.

Überfällig sei Schäubles Aktion gewesen, kritisierten Politikerinnen von Grünen und Linkspartei dennoch - der konservative Minister habe erst "nach einer Reihe parlamentarischer Initiativen der Linken und der Grünen die nötige Konsequenzen gezogen", so die linke Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke. Nötig sei nun auch ein erneutes Verbotsverfahren für die "staatlich subventionierte" NPD.

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