Anklageschrift gegen Attentäter Breivik: Terrorismus und 77-facher Mord

Die Anklageschrift gegen den rechtsextremen Attentäter Anders Breivik ist veröffentlicht. Die Staatsanwaltschaft will auf Unterbringung in der Psychiatrie plädieren.

Anders Breivik im Februar vor Gericht. Bild: dapd

STOCKHOLM taz | Die norwegische Staatsanwaltschaft wird bei dem am 16. April beginnenden Prozess gegen Anders Breivik in erster Linie auf Unterbringung in einer geschlossenen psychiatrischen Anstalt plädieren. Das geht aus der am Mittwoch in Oslo veröffentlichten Anklageschrift gegen den rechtsextremen Terroristen hervor. Gegen die Verurteilung zu einer Haftstrafe spreche die Vermutung, dass Breivik nicht schuldfähig, da unzurechnungsfähig sei.

Ein Hintertürchen lässt sich die Staatsanwaltschaft offen: Es sei nicht ausgeschlossen, dass Prozessverlauf und Beweisaufnahme – speziell eine veranlasste neue Begutachtung – diese Einschätzung noch ändern könnten.

Die 19 Seiten lange Anklageschrift war dem Angeklagten am Mittwoch zugestellt und dann auf einer Pressekonferenz in wesentlichen Teilen öffentlich gemacht worden. Sie wirft Breivik vor, am 22. Juli 2011 mit einem Bombenanschlag im Osloer Regierungsviertel und einem Massaker auf Utøya – 77-fachen Mord und Körperverletzung in mehreren hundert Fällen begangen zu haben. Er habe damit zugleich gegen die Terrorparagrafen 147a und b des Strafgesetzbuchs verstoßen. Über die Einzeltaten hinaus sei das Ziel seiner Handlungen gewesen, „wichtige gesellschaftliche Funktionen zu stören“ und „Furcht und Unruhe“ in der Bevölkerung hervorzurufen.

Käme bei Verurteilung nach diesen Straftatbestimmungen und bei Zurechnungsfähigkeit eine Maximalstrafe von 21 Jahren Haft infrage, wäre die Verurteilung zu einer Unterbringung in einer geschlossenen Anstalt nicht zeitbestimmt. Ihre Länge hinge vom Urteil der behandelnden Ärzte und einer richterlichen Entscheidung ab.

„Der Angeklagte hat schwere Verbrechen in einem Umfang begangen, mit denen wir in unserem Land in moderner Zeit keine Erfahrung hatten“, erklärte Staatsanwalt Tor Aksel Busch. Zentral sei, „dass der Angeklagte auch künftig eine naheliegende und offenbare Gefahr für die Gesellschaft darstellt“, so Busch: „Nach seiner Einschätzung waren seine Handlungen rechtmäßig.“ Es müsse sichergestellt sein, dass sich so eine Gefahr nicht realisieren könne.

Das Urteil soll vor dem Jahrestag der Terrortaten ergehen. Auf die Frage, warum so ein umfassendes Verfahren nötig sei, obwohl Breivik geständig sei, erklärte Busch: „Jede einzelne Tat muss ihm gerichtlich nachgewiesen werden.“

Anstelle des jährlichen Sommerlagers auf Utøya wollen die norwegischen Jungsozialisten dort vom 24. bis 30. März eine „offene Woche für alle, die sich vom 22. Juli betroffen fühlen“, veranstalten. Das traditionelle Sommerlager soll frühestens ab 2013 wieder stattfinden.

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