Reform der Pflegeversicherung: Gepflegte sechs Milliarden mehr

"Bedürfnisorientiert" will die SPD die Pflegeversicherung umbauen. Vor allem Demenzkranke sollen von den milliardenteuren Maßnahmen profitieren.

Die SPD will die Pflege verbessern - für jährlich sechs Milliarden Euro. Bild: AP

BERLIN taz | Zum "Jahr der Pflege" hatte Ex-Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) 2011 großspurig ausgerufen, doch weder er noch sein Nachfolger Daniel Bahr (FDP) haben bislang die versprochenen Eckpunkte zur Pflegereform vorgelegt.

Die Opposition kommt nun der Regierung zuvor - am Donnerstag präsentierte die SPD-Fraktion ihr Pflege-Reformkonzept. Ihr Katalog von Leistungsverbesserungen würde jährlich sechs Milliarden Euro zusätzlich kosten. Damit würde der Beitrag von derzeit 1,95 auf etwa 2,6 Prozent des Bruttolohns steigen. Einen Kapitalstock als individualisierte Zusatzversicherung, wie ihn der schwarz-gelbe Koalitionsvertrag vorsieht, lehnt die SPD ab.

"Bedürfnisorientiert" solle es zugehen, sagte die SPD-Fraktionsvize Elke Ferner: "Niemand soll künftig schlechter gestellt werden." So sollen etwa Pflegebedürftige künftig einmalig bis zu 5.000 Euro bekommen können, um nötige Umbauten in ihren Wohnungen zu bezahlen. Einweisungen in Pflegeheime sollen so hinausgezögert werden. "Das rechnet sich schon nach wenigen Monaten," sagte Ferner.

Auch pflegende Angehörige sollen besser gestellt werden: Die Möglichkeit, sich kurzfristig zehn Tage im Jahr für die Pflege von Angehörigen freizunehmen, soll künftig auch bezahlt werden. "Bisher können sich viele dies nicht leisten" , sagte Ferner. Die bereits existierende sechsmonatige Pflegezeit soll flexibler gestaltet werden können.

Vor allem aber will die SPD den Begriff der "Pflegebedürftigkeit" reformieren. Bislang wird der Pflege-Anspruch in Minuten bemessen und ist an körperliche Einschränkungen geknüpft. Künftig soll es "Bedarfsgrade" mit einem erweiterten Begriff von Pflegebedürftigkeit geben. Dies würde vor allem den rund 1,2 Millionen Demenzkranken zugute kommen. "Diese werden bisher systematisch diskriminiert", sagte Hans-Jürgen Freter von der Deutschen Alzheimer Gesellschaft. "Manche Demenzkranke sind am Anfang körperlich fit, trotzdem haben sie hohen Begleitungsbedarf."

Offen bleibt, woher das zusätzliche Geld kommen soll. Bislang konnten sich die SPD-Gesundheitspolitiker mit ihrer Forderung nach einer Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze nicht durchsetzen. "Ich sehe noch eine Diskussion in der Partei. Die beginnt nun," sagte die Abgeordnete Hilde Mattheis. Die zusätzlichen Belastungen durch die Beitragserhöhungen sollen durch einen Risikoausgleich zwischen den privaten und den gesetzlichen Kassen gerechter verteilt werden.

Derzeit geben die gesetzlichen Kassen je Versicherten viermal so viel für Pflege aus wie die privaten Versicherungen, deren Kunden meist jünger und gesünder sind. Die von der SPD angestrebten Ausgleichszahlungen könnten eine Milliarde Euro bringen, glaubt Ferner.

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