Friedensverhandungen in Kolumbien: Schwierig, aber den Versuch wert

Kolumbiens Regierung verhandelt mit den Guerillas von der ELN. Gut so – aber mit Venezuela am Tisch hat dies ein Geschmäckle.

Präsident Gustavo Petro.

Schwierige Verhandlungen: Gustavo Petro in seinem Präsidentenpalast in Bogota Foto: Ivan Valencia/ap

Gustavo Petro ist der achte Präsident Kolumbiens, der sich an Friedensverhandlungen mit der ELN-Guerilla versucht, seit das „Nationale Befreiungsheer“ Anfang der 1960er Jahre den bewaffneten Kampf aufnahm. Alle sieben vor ihm sind gescheitert. Petro allerdings ist anders als seine Vorgänger ein Linker, kommt aus der Linken, war selbst einmal Guerillero. Schon tönt Kolumbiens Rechte, was da jetzt in Venezuela beginnen soll, seien keine Friedensverhandlungen zwischen Ver­tre­te­r*in­nen gegensätzlicher Interessen, sondern nette Gespräche unter Gleichgesinnten.

Mit der ELN zu Vereinbarungen zu kommen, war immer schwierig. Anders als die größere Farc (Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens) hatte sich die ELN seit einer herben militärischen Niederlage 1973 dezentral reorganisiert. Die verschiedenen Fronten genießen weitgehende Autonomie, ihre Strategien sind nicht überall gleich. Das macht Verhandlungen schwierig.

Dazu kommt, dass die ELN heute eine binationale Organisation ist. Venezuelas Grenzregionen sind schon lange nicht mehr nur Rückzugsraum: Die ELN-Strukturen bestehen dort großenteils aus Venezolaner*innen, und in Kolumbien erfolgreiche Strategien von militärischer Kontrolle gepaart mit sozialem Engagement funktionieren auch in Venezuela – mit dem Unterschied, dass der dortige Staat wegschaut oder unterstützt.

Wenn bei den Verhandlungen jetzt also neben Norwegen auch Kuba und Venezuela als Garantiemächte mit am Tisch sitzen, dann hat das durchaus ein Geschmäckle – Venezuela ist kein Vermittler, sondern Partei. Das kann allerdings womöglich auch nutzen.

Es ist schwer vorstellbar, dass die ELN-Comandantes ihre ökonomisch und politisch recht komfortable Position einfach aufgeben und sich die Waffen wegverhandeln lassen. Und dennoch: Zur Wiederaufnahme der Verhandlungen gibt es keine wirkliche Alternative. Ja, Gespräche in der Vergangenheit sind gescheitert. Der Versuch einer militärischen Lösung allerdings erst recht. Und mit noch fataleren Konsequenzen.

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Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org

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