Die Wahrheit: Der Zweieinhalb-Tonnen-Minister

Schurken, die die Welt beherrschen wollen – heute: Marco „Buschi“ Buschmann, deutscher Gerechtigkeitsminister und politisches Schwergewicht.

Justizminister Marco Buschmann

Gelsenkirchen ins Gesicht geschrieben: Marco Buschmann Foto: dpa

Auch ein kleiner Mensch kann ein Großer werden und nach 15, 20 Jahren sogar drei-, ja viermal größer als bei der Geburt durchs Leben schreiten, was gar nicht so selten ist. Als Justizminister Marco Buschmann am 1. August 1977 – natürlich ganz legal – in die ebenfalls sehr kleinen Verhältnisse seiner Eltern in Gelsenkirchen vorstieß und Quartier nahm, ahnte niemand, zu was sich der Säugling und Politiker einmal entwickeln sollte.

Die 50-köpfige Familie teilte sich eine Sieben-Quadratmeter-Wohnung mit der kranken Großmutter, außerdem einem am ganzen Körper kriegsbeschädigten Großvater, mehreren verwitweten Tanten und den Nachbarn, die oft zu Besuch kamen. Gleichwohl fühlte sich der werdende Staatsmann nicht arm, hatte er doch von Anfang an mit Menschen zu tun und beschloss aufgrund solcher Erfahrungen früh, Jurist zu werden.

Der Wille zum Aufstieg und die Vorstellung von einem Leben: Sie ließen schon den Siebzehnjährigen zur höherklassigen FDP finden, drängten ihn zum Abitur, jagten ihn zum Studium seiner Rechte nach Bonn, peitschten ihn hinauf zur Promotion und ließen ihn endlich in ein goldgetäfeltes Düsseldorfer Anwaltsbüro einfahren.

Der aus kleinen, unscheinbaren, womöglich löchrigen Verhältnissen herrührende Doktor Buschmann, er schien weit aus der Art geschlagen! Doch mal halblang: Gewöhnlich wird, wer frühkindliche Prägungen und andere Traumata abwaschen und daher später mittels Recht und Gesetz für Anstand und Ordnung sorgen will, entweder Polizist, wenn man von unten kommt, oder Jurist, wenn man weiter oben auf der Leiter geboren wurde. Lebende Ausnahmen bestätigen also die Regel!

Schmied seines Glücks

Und der Homo novus Buschmann hielt sich oben fest! Zuerst als Bundesgeschäftsführer der FDP von 2014 bis 2017 und dann als ihr Parlamentarischer Geschäftsführer im Bundestag von 2017 bis 2021 bewies er, dass es jeder schaffen und seines hohen Glückes Schmied sein kann, der unbedingt Bundesgeschäftsführer der FDP und auf jeden Fall deren Parlamentarischer Geschäftsführer werden möchte, was ja nach nationalem und internationalem Recht nicht strafbar ist.

Die deutsche Gesellschaft ist eine durchlässige Gesellschaft, in der jeder nach oben kommen darf, der dort willkommen ist. Einzige Voraussetzung, wie überall in der Natur: Leistung, Leistung und Erfolg, diese zwei. Es sei denn, man ist in der FDP.

Allerdings kann, wer 2005 gerade mal 2,5 Prozent der Wählerstimmen einsammelt, nicht zur Belohnung für sein krachendes Scheitern auf dem freien Markt der Politik in den Bundestag vorrücken. Nein, es müssen schon volle 7 Prozent sein, um aus dem dicksten Busch ins helle Parlament vorzustoßen wie unser Mann 2009 und ähnlich erfolgreich wieder und wieder 2017 und 2021!

Sage also niemand, die FDP sei eine Partei der Abstauber und Ausnutzer und Aktionäre und Arrivierten und setze sich nicht für die Schwachen ein, die Erfolglosen, die Versager. Und das so kompetent, dass die 7 Prozent sich als 70 Prozent lesen lassen: spätestens in dem Moment, als die FDP Ende 2021 als kleinster und leichtester Koalitionspartner die Regierung übernahm. Selbstverständlich im Rahmen der Verfassung!

Austrockner der Bürokratie

Seither leitet der Kreisvorsitzende der FDP Gelsenkirchen die Justiz Deutschlands an. Kämpft mit dem Verbandsklagenrichtlinienumsetzungsgesetz und der Ertragssteuerinformationenoffenlegungsrichtlinie gegen die alles Leben austrocknende Bürokratie. Plädiert für die gesetzlich abgedichtete Zuwanderung ausgepickt nützlicher, in den Verwertungsprozess der freien, demokratischen Wirtschaft einspeisbarer Menschen und gern auch Staatsbürger, nach einigen zur Bewährung ausgesetzten Jahren. Schützt vorbildlich die grundgesetzlich abgesicherten Rechte auch exotischer Minderheiten wie zum Beispiel der Vermieter vor den Übergriffen durch Wohnungssuchende oder schwammähnliche Mieter.

Er ficht zugleich für die freie und demokratische Wahl des eigenen Geschlechts, die zwar jedermann den Besuch einer FDP-Veranstaltung, halt: die zwar jedem Mann den Besuch einer Frauensauna ermöglichen könnte, ihm aber dafür die Bevormundung bis in seinen letzten privaten Zipfel hinein erspart. Die Rechte des Einzelnen sind der FDP sakrosankt, auch die eines Buschmanns mit seinem Audi A8 L 60 TFSI e quattro, Leergewicht ohne Politiker: 2,5 Prozent. Nein, falsch, in einem demokratischen Land muss es möglich sein, es frei sagen zu dürfen, ohne angepinkelt zu werden: zweieinhalb Tonnen.

Zweieinhalb Tonnen wiegen so viel wie 35 ausgewachsene Klimaschützer. Mit Minister und Chauffeur: 37. Ja, Raum ist in der kleinsten Hütte! Das sollen die Klimaaktivisten erst mal nachmachen in ihren viel größeren Studentenbuden und Wohngemeinschaften, von denen aber auch nicht eine ­Hybrid­antrieb hat, wie Marco Buschmann und die ganze FDP!

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kari

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