Fortschritt in Westafrika: Hoffen auf eine andere Zukunft

Benin und die Elfenbeinküste zeigen eine bemerkenswerte Bilanz. Gutes Regieren kann funktionieren – ohne westliche Einmischung.

Zwei Schülerinnen malen mit Buntstiften.

Immer mehr Kinder in Benin gehen zur Schule Foto: Seraphin Zounyekpe/imago

Anhaltende politische Krisen in vielen Ländern Afrikas werfen die Frage der Sinnhaftigkeit vieler Vorhaben der Zusammenarbeit mit diesem Kontinent auf. Es ist leider eine Tatsache, dass sich die putschenden Militärs im Sahel – und auch ihre russischen Unterstützer – auf eine begeisterte Zustimmung eines weiten Teils der jungen Bevölkerung stützen können. Viele der jungen Leute haben einen Schul- oder Hochschulabschluss und wissen dank Internet, wie es im Rest der Welt aussieht.

Die Mehrzahl von ihnen hat aber keine ordentliche Beschäftigungsperspektive und muss sich mit Gelegenheitsjobs durchschlagen. Das Ergebnis ist Wut – Wut auf die alten Eliten, Wut auf den Westen, die angeblich oder tatsächlich dafür verantwortlich sind, dass diese jungen Leute heute keine Perspektive haben. Was tun? Es braucht vor allem Regierungen in Afrika, die ihren Job ordentlich machen, die „liefern“ und die es schaffen, in der Bevölkerung zumindest Hoffnung auf eine bessere Zukunft zu wecken. Und solche Regierungen gibt es – zum Beispiel in Benin und in der Elfenbeinküste.

In Benin wurde 2016 der reichste Mann des Landes, Patrice Talon, zum Präsidenten gewählt. Und in der Elfenbeinküste kam der gewählte Präsident Alassane Ouattara 2010 mithilfe französischer Militärs an die Macht, nachdem sich sein Vorgänger geweigert hatte, seine Wahlniederlage anzuerkennen. Beide Präsidenten können seit Amtsantritt eine bemerkenswerte wirtschaftliche und soziale Bilanz vorweisen.

Während die Elfenbeinküste jährliche Wachstumsraten von 7 bis 8 Prozent aufweist, kommt Benin immerhin auf 6 Prozent, obwohl das benachbarte Nigeria, das direkt und indirekt rund ein Drittel zum beninischen Sozialprodukt beiträgt, seit Jahr und Tag kriselt.

Mehr Geld, steigende Nachfrage

Die landwirtschaftliche Produktion, Pfeiler der Ökonomie der Elfenbeinküste, konnte deutlich gesteigert werden, und zwar sowohl der cash crops – Lebensmittel wie Bananen für den Export – wie auch der Nahrungsmittel für die Binnennachfrage. Die Energieversorgung hat sich drastisch verbessert. Aber auch im sozialen Bereich sind die Fortschritte bemerkenswert.

Die Kindersterblichkeit konnte seit 2010 von 95 auf 23 Fälle pro 1.000 Geburten gesenkt, die Einschulung in Grundschulen von 89 auf fast 97 Prozent der Kinder gesteigert werden. Der Anteil der Armen an der Gesamtbevölkerung sinkt deutlich.

Ähnlich sieht es in Benin aus, wo es Patrice Talon gelang, die Produktion von Baumwolle – dem wichtigsten Exportgut und Devisenbringer des Landes – innerhalb von vier Jahren zu verdreifachen. Mit dem Ziel, das Land schrittweise aus dem Status eines reinen Rohstoffproduzenten herauszuführen, fördert Talon die Textilproduktion. Auch in Benin wurde kräftig in den sozialen Sektor investiert. So verfügen jetzt drei Viertel der Grundschulen über eine eigene Schulkantine, was Schüler zum Schulbesuch motiviert. Der Aufbau einer flächendeckenden Krankenversicherung für alle schreitet voran.

Alles gut also? Beide Präsidenten, Talon und Ouattara, sind vermögend, was Kritik hervorruft. Und wenn Talon es schafft, den Baumwollsektor anzukurbeln, dann profitieren natürlich auch seine Unternehmen davon, die er zurzeit treuhänderisch verwalten lässt. Dennoch, als in den vergangenen Jahren die Düngemittelpreise anstiegen, hatte er die Entkörnungsanlagen des Landes – 80 Prozent gehören ihm – angewiesen, die Düngemittelpreise zugunsten der Bauern und zulasten ihrer Gewinne zu subventionieren. Beide Präsidenten sind nach allem, was man weiß, nicht korrupt.

Während sich in der Elfenbeinküste nach den instabilen Bürgerkriegszeiten Schritt für Schritt wieder eine recht stabile Mehrparteiendemokratie etabliert hat, wird Talon vorgehalten, den Niedergang der Demokratie herbeizuführen. Hintergrund ist, dass Talon in das Parteiensystem eingriff, das aus vielen Dutzend Parteien mit weitgehend kaum zu unterscheidenden Programmen, aber den Egos vieler Parteivorsitzender bestand: Talon setzte eine Verfassungsänderung durch, nach der zu Wahlen zugelassene Parteien im ganzen Land vertreten sein und bei Wahlen mindestens 10 Prozent erzielen müssen.

Opposition funktioniert

Das führte bei den Parlamentswahlen 2019 dazu, dass sich die Opposition weigerte anzutreten und damals nur zwei ihm freundlich gesinnte Parteien ins Parlament kamen. Bei den Wahlen 2023 änderte sich die Situation aber wieder. Talons Widersacher, Ex-Präsident Boni Yayi, zog wieder ins Parlament ein und wurde mit seiner Partei zur stärksten Oppositionskraft. Letztlich hat die von Talon angestrebte „Bereinigung“ der Parteienlandschaft aus demokratischer Sicht funktioniert.

In der hiesigen Diskussion über die Demokratie in Afrika ist zu hören, dass wir den Afrikanern nicht unsere Demokratiemodelle aufzwingen dürften. Indes ist das dominierende afrikanische Regierungsmodell – mit einem starken Präsidenten, einer Einparteiherrschaft, bei der politische Entscheidungen jenseits der Öffentlichkeit zwischen den verschiedenen Interessengruppen und traditionellen Führern austariert werden – nicht mehr zeitgemäß.

Es wird auch von den jungen Leuten nicht mehr akzeptiert, zumal dieses System extrem korruptionsanfällig ist. Richtig ist aber, dass die afrikanischen Staaten auf dem Weg zur Demokratie gute Argumente haben können, etwas anders zu verfahren, als es den Vorstellungen ihrer westlichen Partner entspricht.

Talon in Benin und Ouattara in der Elfenbeinküste werden allerdings beweisen müssen, dass sie nicht an der Macht kleben, sondern sich an die Verfassung halten. Talon müsste 2025 seine zweite Amtszeit beenden; Ouattara wollte am Ende seiner zweiten Amtszeit nicht mehr antreten, hatte sich dann aber aufgrund des plötzlichen Todes seines von ihm vorgeschlagenen Nachfolgers doch noch für eine Verfassungsänderung und eine dritte Runde entschieden.

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