Haushaltsverhandlungen in Berlin: Es quietscht weiter

Nach der Haushaltssperre in Friedrichshain-Kreuzberg zeichnen sich auch in Neukölln Finanzierungsprobleme ab. Grüne mahnen Finanzplan des Senats an.

Einige Dutzende Eltern, Kindern, Erzieher und Lehrer protestieren mit einer Kundgebung vor dem Rathaus Neukölln gegen die Maßnahmen zu Einsparungen, meist im Sozial Bereich, zur Aufstellung des Haushaltsplans 2024/2025

Protest gegen Sparmaßnahmen im sozialen Bereich in Neukölln Foto: Florian Boillot

Friedrichshain-Kreuzberg ist nicht der einzige Bezirk, für den es finanziell gerade sehr knapp wird. Dessen Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann (Grüne) hatte am Dienstag eine Haushaltssperre verhängt. Auch das Bezirksamt von Neukölln prüft nach eigenen Angaben aktuell, wie sich die Einnahmen und Ausgaben bis Ende des Jahres entwickeln werden.

Angesichts des kommenden, noch nicht beschlossenen Haushalts und auch „angesichts der Ausgabensteigerungen“ sei eine Haushaltssperre in Neukölln „sowohl für das laufende Haushaltsjahr als auch mit Inkrafttreten des neuen Haushalts 2024/2025“ eine „konkrete Option“, teilte der Sprecher des Bezirks auf Nachfrage der taz mit. Eine Entscheidung sei noch nicht gefallen. Aber: „Wir müssen verhindern, dass wir mit einem Defizit ins neue Haushaltsjahr starten“, heißt es.

Neben Friedrichshain-Kreuzberg hatten bereits im Juni die Bezirke Marzahn-Hellersdorf, Charlottenburg-Wilmersdorf und Mitte Haushaltssperren verhängt. Sie sind für Bezirke das letzte Mittel, wenn absehbar ist, dass sie auf ein Minus zusteuern. Damit sollen Ausgaben begrenzt werden, um doch noch auf einen ausgeglichenen Haushalt hinzuwirken. Konkret bedeutet es, dass ein Bezirk keine neuen finanziellen Verpflichtungen eingehen kann. Laufende Aufgaben und Verträge und die Finanzierung von Regelaufgaben bleiben davon unberührt, auch Bauvorhaben laufen weiter. Es ist kein Beschluss der BVV nötig.

Allerdings ist die Wirkung von Haushaltssperren begrenzt: Nach Einschätzung des kommunalpolitischen Forums blieben der Erfahrung nach bei Haushaltssperren etwa 1 Prozent der Ausgaben „ungetätigt“. Welche Maßnahmen und Dienstleistungen in Friedrichshain-Kreuzberg konkret betroffen seien, müsse nun durch die Ämter und Serviceeinheiten in eigener Verantwortung geprüft werden. Betroffen seien etwa Anschaffungen zur Büroausstattung oder Aus- und Fortbildungen, schreibt eine Sprecherin des Bezirks auf Nachfrage. Sperren seien dabei auch kein geeignetes Instrument der Bezirke, auf die Haushaltsverhandlungen im Abgeordnetenhaus politischen Druck aufzubauen, heißt es aus Xhain und Neukölln.

9 Millionen minus

Im Fall von Friedrichshain-Kreuzberg drohen nach einem Schreiben der Bezirksbürgermeisterin 9 Millionen minus zum Ende des Jahres. „Herrmann hatte uns im Ältestenrat mitgeteilt, dass die Finanzen aus dem Ruder laufen“, sagt Frank Vollmert, Fraktionsvorsitzender der SPD in der dortigen Bezirksverordnetenversammlung und Mitglied im Haushaltsausschuss.

Jörn Oltmann, grüner Bezirksbürgermeister von Tempelhof-Schöneberg, sieht für seinen Bezirk derzeit keine „haushaltsrechtliche Notwendigkeit“ für eine Sperre. Auch sie hätten höhere Ausgaben, teils inflationsbedingt, teils wegen steigender Energiekosten. Doch habe das Land den Bezirken dafür schon Hilfe zugesichert. Die Haushaltssituation sei in den Bezirken sehr unterschiedlich.

„Wenn sich an der Regelfinanzierung nichts strukturell ändert, werden wir 2026 auch in Tempelhof-Schöneberg mit dem Rücken zur Wand stehen“, sagt Oltmann allerdings. „Der Bedarf ist sehr viel größer als das, was zur Verfügung steht.“ Den Bezirken sei es dann nicht mehr möglich, neben den Regelaufgaben politische Schwerpunkte zu setzen, etwa in Verbesserungen bei der Unterbringung von wohnungslosen Menschen.

Währenddessen kritisierte die Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, dass der Senat noch keinen Finanzplan für die kommenden fünf Jahre vorgelegt hätte, für Donnerstag aber eine erste Lesung des Haushaltsplans angesetzt habe. „Der Senat möchte mit einem Schuldenhaushalt allen alles versprechen, verbraucht alle Ersparnisse“, sagte Bettina Jarasch. Bei einem „derart aufgeblähten Haushalt“ müsse der Senat auch über langfristige Folgen informieren und „aufzeigen, wie Berlin da wieder rauskommen kann“, sagte sie.

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