Bremer Friedensforum: Zum Büttel Russlands verkommen

Auf dem diesjährigen Ostermarsch in Bremen wurde der Aggressor Russland nicht angeprangert. Damit verliert das Bremer Friedensforum an Glaubwürdigkeit.

Ein Demonstrant hält während des Ostermarsches 2018 vor dem Dom und der Bürgerschaft ein Schild mit der Aufschrift "ENTRÜSTET EUCH!" nach oben.

Da war noch nicht von einer „Zeitenwende“ die Rede: Schild auf dem Bremer Ostermarsch 2018 Foto: dpa | Mohssen Assanimoghaddam

Den diesjährigen Ostermarsch in Bremen habe ich wie immer mit Interesse verfolgt. Aber diesmal war ich nicht dabei. Warum?

Anfang der 1980er-Jahre habe ich als Vertreter der Jusos zusammen mit dem kürzlich verstorbenen Ekkehard Lentz und anderen das Bremer Friedensforum gegründet, das sich rasch zu einem breit verankerten Zentrum der bremischen Friedensbewegung und zu einem Träger der Ostermärsche entwickelte.

Für uns war selbstverständlich, uns von niemandem vereinnahmen zu lassen und bei aller Notwendigkeit, Kompromisse zu schließen, die Dinge beim Namen zu nennen. Das schloss die Anprangerung der Verantwortlichen stets mit ein. Hatte es zehn Jahre vorher „Amis raus aus Vietnam, Laos und Kambodscha“ geheißen, forderten wir später den Abbau und die Nicht-Stationierung von Atomraketen und den sofortigen Stopp der Nato-Aggressionen gegen Jugoslawien. Auch den Krieg gegen den Irak prangerten wir an.

Diese Zeiten scheinen vorüber. Leider fand sich weder im Aufruf des Bremer Friedensforums noch in der Rede von Żaklin Nastić, Mitglied im Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), der kleinste Hinweis darauf, wer beim Krieg in der Ukraine der Aggressor ist. Kein Wort dazu, dass der Krieg durch den Überfall Russlands auf die souveräne Ukraine entstand, der einen krassen Bruch des Völkerrechts darstellt und ohne Wenn und Aber zu verurteilen ist: Statt „Russen raus aus der Ukraine“ hört man nur undifferenzierte Hetze gegen die Bundesregierung als angeblichen Kriegstreiber. Als ob die Nato dort einmarschiert wäre!

72, hat in den 1980ern als Bremer Juso-Vorsitzender das Friedensforum mitgegründet. Von 1987 an war er Richter, von 2005 bis zum Ruhestand 2015 Direktor des Bremer Arbeits­gerichts.

Nun gibt es Gründe genug für Kritik an den Regierenden. Das erfordert aber die Glaubwürdigkeit der Kritiker. Leider muss ich feststellen, dass das Bremer Friedensforum nach dem Tod von Ekkehard Lentz seine Rolle als glaubwürdiges Zentrum der Bremer Friedensbewegung zunehmend verliert – und den Aggressor nicht beim Namen nennt, wenn er Russland heißt.

Schade, ist doch eine starke und glaubwürdige Friedensbewegung nötiger denn je, die Verhandlungen statt Massensterben fordert, der Kriegsbegeisterung von Baerbock, Strack-Zimmermann, Merz und anderen entgegentritt und den Verteidigungsminister in die Schranken weist, wenn er Deutschland (mal wieder) „kriegstüchtig“ machen will. Aber doch nicht, indem man sich zum Büttel eines Aggressors macht und zu seinen Verbrechen schweigt!

Es scheint, dass einige ihre Treue zur Sowjet­union nahtlos in große Zuneigung zum großkapitalistischen Russland und seinem neuen Zaren transformiert haben. Vom Marxismus haben sie nichts verstanden.

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