+++ Nachrichten im Nahostkonflikt +++: UN-Gericht fordert Hilfen für Gaza

Israel wird aufgefordert, mehr Hilfen nach Gaza zu lassen. Ein möglicher neuer Geisel-Deal stockt. Pläne für die Zeit nach dem Krieg werden konkreter.

Ein Junge hält am Strand einen Drachen in die Luft

Chan Junis in den Palästinensischen Gebieten: Hilfen kommt bei der Zivilbevölkerung kaum an Foto: Mohammed Talatene/dpa

UN-Gericht: Israel muss mehr Hilfen nach Gaza zulassen

Der Internationale Gerichtshof in Den Haag verpflichtete Israel am Donnerstag, schnell die Lieferung von deutlich mehr Hilfsgütern in den Gazastreifen zuzulassen. Im laufenden Völkermord-Verfahren gegen Israel ordnete das höchste Gericht der Vereinten Nationen an, es müssten mehr Grenzübergänge für den Transport von Nahrungsmitteln sowie medizinischer Hilfe geöffnet werden. Es bestehe nicht mehr nur das Risiko einer Hungersnot, sondern diese habe bereits eingesetzt, hieß es. Israel muss nun innerhalb eines Monats dem Gerichtshof berichten, welche Maßnahmen es zur Umsetzung ergreift.

In der Stadt suchen jüngsten UN-Schätzungen zufolge derzeit rund 1,2 Millionen Menschen auf engstem Raum Schutz vor den Kämpfen in den anderen Teilen des Küstengebiets. Die USA und Deutschland haben Israel mehrfach deutlich vor einer großangelegten Bodenoffensive in Rafah gewarnt. Israel will in dem Ort nahe der ägyptischen Grenze die letzten Bataillone der Hamas zerschlagen. Angesichts der schlimmen humanitären Lage und der vielen zivilen Opfer infolge des Gaza-Kriegs gibt es aus vielen Ländern Kritik am Vorgehen des israelischen Militärs. (dpa)

Netanjahu will Druck auf Hamas aufrecht erhalten

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sieht im militärischen Vorgehen gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen weiter die einzige Möglichkeit, die in dem Küstengebiet festgehaltenen Geiseln zurück nach Israel zu holen. „Nur die Fortsetzung des kraftvollen militärischen Drucks, den wir ausgeübt haben und noch ausüben werden, wird unsere Geiseln zurückbringen“, sagte Netanjahu am Donnerstagabend nach Angaben seines Büros bei einem Treffen mit Angehörigen verschleppter Soldaten. „Ich weiß, dass jeder Tag, der vergeht, für Sie die Hölle ist.“ Er wolle keine Geisel zurücklassen.

Israelischen Schätzungen zufolge sind noch knapp 100 Verschleppte am Leben. Auslöser des Krieges war die Terrorattacke der Hamas und anderer palästinensischer Extremisten auf Israel vom 7. Oktober. Die Angreifer ermordeten dabei im israelischen Grenzgebiet mehr als 1200 Menschen und verschleppten 250 weitere Menschen in den Gazastreifen. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive, die ihrerseits Tausende Menschen das Leben kosteten.

Die Verhandlungen der Vermittlerstaaten Katar, Ägypten und USA über eine Feuerpause in dem Krieg und die Freilassung der Geiseln kommen derzeit nicht voran. Nachdem die Hamas kürzlich einen neuen Kompromissvorschlag ablehnte, kehrte das israelische Verhandlungsteam Anfang der Woche von den indirekten Gesprächen in Katar zurück. Nach Informationen des „Wall Street Journal“ sollen die Gespräche jedoch voraussichtlich nächste Woche in Kairo weitergehen.

Ranghohes Hamas-Mitglied in Schifa-Klinik getötet

Israels Armee tötete im Zuge des Militäreinsatzes im Schifa-Krankenhaus in der Stadt Gaza im Norden des abgeriegelten Küstengebiets nach eigenen Angaben vom Donnerstag ein ranghohes Hamas-Mitglied. Raad Thabit zählte zu den zehn ranghöchsten Anführern des militärischen Arms der Islamistenorganisation, wie Militärsprecher Daniel Hagari am Donnerstagabend mitteilte. Er gehörte Beobachtern zufolge auch zum engen Kreis des Hamas-Chefs im Gazastreifen, Jihia al-Sinwar. Die Hamas bestätigte seinen Tod zunächst nicht. Am Dienstag hatte Israels Armee die Tötung des dritthöchsten Hamas-Anführers im Gazastreifen, Marwan Issa, bei einem Luftangriff vor zwei Wochen bestätigt.

Bei dem Einsatz im Schifa-Krankenhaus, der größten Klinik des Gazastreifens, wurden Hagari zufolge bislang 900 Verdächtige festgenommen. Mindestens 513 von ihnen sollen demnach Mitglieder der Hamas und des Palästinensischen Islamischen Dschihads (PIJ) sein. Laut der israelischen Armee wurden im Zuge des Einsatzes rund 200 Terroristen im und um das Krankenhaus herum getötet. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig bestätigen. Die Kämpfe gingen Hagari zufolge auch andernorts im Gazastreifen weiter. (dpa)

Baerbock: Palästinenser sollen in Gaza selbstbestimmt regieren

Nach einem Ende des Gaza-Kriegs sollte Israel nach Ansicht von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) die Kontrolle über den Küstenstreifen abgeben. Auf die Frage, wer dort nach Kriegsende das Sagen haben sollte, sagte die Grünen-Politikerin der Funke-Mediengruppe: „Die Palästinenserinnen und Palästinenser – frei von der Hamas, frei von Terror, selbstbestimmt und mit einer frei gewählten Regierung aller Palästinenser, also auch im Westjordanland.“ Das werde nicht von einem Tag auf den anderen passieren. „Aber wir dürfen gerade jetzt im Krieg den politischen Horizont nicht aus den Augen verlieren.“ Mit arabischen Partnern arbeite die Bundesregierung Tag für Tag daran, dass die Zwei-Staaten-Lösung in Reichweite bleibt, sagte Baerbock.

Dazu gehörten der Aufbau einer zivilen Infrastruktur, eine Reform der Palästinensischen Autonomiebehörde, der wirtschaftliche Wiederaufbau – und eine Sicherheitsstruktur, inklusive Sicherheitsgarantien für Israel und für die Palästinenser. „Und dazu gehört, die israelische Regierung daran zu erinnern, dass die Siedlungspolitik nicht nur einen palästinensischen Staat verbaut, sondern auch buchstäblich den Frieden. Denn nur die Zwei-Staaten-Lösung kann nachhaltigen Frieden und Sicherheit auch für die Menschen in Israel bringen.“

Hintergrund ist die umstrittene Ankündigung Israels, rund 800 Hektar im Westjordanland zu israelischem Staatsland zu erklären. Baerbock sagte, Schutz während einer Übergangszeit, bevor zwei Staaten in Frieden nebeneinander leben können, gebe es nur mit internationalen Sicherheitsgarantien. Israel müsse sich sicher sein, dass nie wieder Terrorgefahr von Palästina ausgeht, und Palästinenser müssten sicher sein, dass sie auf ihrem eigenen Land sicher und in Würde leben können. (dpa)

Japan will Zahlungen an UNRWA wieder aufnehmen

Japan bereitet die Wiederaufnahme der Zahlungen an das UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) vor. Japan und das UNRWA würden „die abschließende Koordinierung der notwendigen Maßnahmen zur Wiederaufnahme des japanischen Beitrags vorantreiben“, erklärte das Außenministerium in Tokio am Freitag. Japanischen Medien zufolge sollen die ersten Zahlungen in der ersten Aprilhälfte erfolgen.

Japan, einst der sechstgrößte Beitragszahler des UNRWA, setzte im Januar zusammen mit mehr als einem Dutzend weiterer Länder, darunter Deutschland, die Zahlungen an das Hilfswerk aus. Grund waren Vorwürfe gegen das UNRWA, zwölf seiner Mitarbeiter seien in den beispiellosen Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober verstrickt gewesen. Die Vereinten Nationen haben eine interne und eine unabhängige Ermittlung wegen der Vorwürfe eingeleitet.

Das 1949 gegründete UN-Hilfswerk hat das Mandat der Vereinten Nationen, den in ihrem Einsatzgebiet registrierten palästinensischen Flüchtlingen humanitäre Hilfe und Schutz zu gewähren. Nach mehr als fünf Monaten Krieg sind die Menschen im Gazastreifen akut durch eine Hungersnot bedroht. (afp)

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