ARD-Chefin über Transparenz: Olympia? „Nicht zu jedem Preis“

Die ARD-Chefin Karola Wille spricht über politische Pläne, ihr Gehalt, Sportrechte und die Honorare von Fußballexperten.

Eine Frau, Karola Wille

Karola Wille. Jahresgehalt: 275.000 Euro Foto: Ralf Hirschberger

taz: Frau Wille, CSU-Chef Horst Seehofer hat vorgeschlagen, ARD und ZDF zusammenzulegen. Die FDP pflichtet ihm bei. Und Sie?

Karola Wille: Wir kennen den konkreten Ansatz von Herrn Seehofer nicht. Aber wir sind uns einig, dass durch eine Fusion publizistische Vielfalt und damit auch Meinungsvielfalt verloren gehen würde. Deswegen sollten wir eher darüber nachdenken, wie wir die Vielfalt noch weiter stärken können – und dabei trotzdem wirtschaftlich bleiben. Es gibt Felder, in denen es sich anbietet, innerhalb der ARD, aber auch mit dem ZDF stärker zu kooperieren, aber die betreffen eher Technik, Produktion und Verwaltung als das Programm.

Sie haben Transparenz zum Thema ihres Vorsitzes gemacht. Sie verdienen 275.000 Euro pro Jahr und dürfen 5.000 Euro dazuverdienen. Wie schlimm finden Sie es, dass wir das wissen?

Nicht schlimm.

Warum gibt es dann mit dem Intendanten des Deutschlandradios und dem des Hessischen Rundfunks noch immer zwei, deren Gehalt noch nicht öffentlich ausgewiesen wurden?

Wir haben in der Intendantenrunde gerade wieder über das Thema diskutiert. Es gab da zum Teil unterschiedliche Auffassungen, aber bis Ende des Jahres wollen wir eine gemeinsame Haltung finden. Abgesehen von den Intendantengehältern gibt es ja schon viele finanzielle Posten, die offengelegt wurden: Wir haben zum Beispiel dargestellt, was unser Auslandskorrespondentennetz kostet, und gerade wieder veröffentlicht, was wir für Auftragsproduktionen ausgeben

Willi Steul, der Intendant des Deutschlandradios, hat gerade noch einmal betont, dass er sein Gehalt nicht freiwillig offenlegen wird. Zum einen, sagt er, sei es nicht so viel wie bei den Intendanten der großen Anstalten. Zum anderen unterliege das dem Persönlichkeitsrecht. Was sagen Sie dazu?

Dieses Argument haben bis vor einigen Jahren viele Intendanten vertreten. Heute ist das anders. Das zeigt sich auch im Handeln des Gesetzgebers, der uns ja in vielen Fällen mittlerweile vorgeschrieben hat, dass die Intendantengehälter offenzulegen sind. Auch das wäre vor zehn Jahren undenkbar gewesen.

57, ist seit 2011 Intendantin des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) und seit Anfang dieses Jahres auch Vorsitzende der ARD. Wille hat in Jena Jura studiert, dort promoviert und ging kurz nach der Wende zum gerade gegründeten MDR in Leipzig, wo sie 20 Jahre unter Udo Reiter arbeitete – bevor sie diesen als Senderchefin beerbte.

Sie haben den Verfassungsrechtler Paul Kirchhof beauftragt, zu evaluieren, wieviel Transparenz sich die ARD erlauben kann oder muss oder darf. Sie wünschen sich wahrscheinlich, dass dabei herauskommt: sehr viel. Was machen Sie, wenn Herr Kirchhof feststellt, dass gar nicht soviel mehr möglich ist?

Herr Kirchhof verbietet uns ja nichts. Er macht eine rechtssystematische Betrachtung. Er untersucht zum Beispiel, ob wir tatsächlich aus verfassungsrechtlichen Gründen alle Verträge offenlegen müssen, auch die von Sportexperten. Wo es nicht gegen rechtliche Grundlagen verstößt, wird er uns aber wohl kaum untersagen, Dinge offenzulegen. Von daher habe ich keine Sorge.

Im Sommer gab es eine Debatte darüber, wieviel Mehmet Scholl als Sportexperte der ARD verdient. Eine ähnliche Diskussion gab es um Thomas Gottschalk, der für seine 2012 vorzeitig abgesetzte ARD-Show die komplette Vertragssumme bekommen hat. Beide waren über eine Tochterfirma an die ARD gebunden. Wie verträgt sich dieses Tochterfirmen-Geflecht mit der Transparenz?

Diese Beteiligungen sind kein Geflecht und bewegen sich nicht im rechtsfreien Raum. Wir sind auch hier transparent und veröffentlichen regelmäßig die Übersicht aller unserer Beteiligungen. Sie werden von Rechnungshöfen überwacht, von den Aufsichtsräten und in den wesentlichen Ergebnissen auch in den Landtagen. Dahinter steht also ein weitreichendes Kontrollsystem. Im Bereich der Sportrechte haben sich die Gremien der Rundfunkanstalten in der Vergangenheit beschwert, dass sie zu wenig informiert wurden. Das haben wir daraufhin bereits vor einer ganzen Weile geändert: Wenn die Sport A (Sportrechteagentur von ARD und ZDF, d. Red.) Verträge schließt, dann werden diese den zuständigen Gremien vorgelegt. Ähnliches passiert künftig nun auch bei Verträgen wie dem von Mehmet Scholl: Wir haben beschlossen, dass die Verträge der Sportexperten nicht mehr mit der AS & S (dem Werbevermarkter ARD-Werbung SALES & SERVICES GmbH; d. Red.) geschlossen werden, sondern direkt mit der für die Sportart oder das Sportereignis jeweils zuständigen Landesrundfunkanstalt, so dass deren Rundfunk- beziehungsweise Verwaltungsräte informiert werden muss und gegebenenfalls mitentscheiden.

Das heißt aber, dass die breite Öffentlichkeit auch zukünftig nicht erfahren wird, wieviel Mehmet Scholl bei Ihnen verdient?

Die Gremien als Vertreter der Gesellschaft bekommen die Informationen. Alles weitere untersucht gerade Herr Kirchhof.

Aber befördert diese Verschwiegenheit nicht gerade erst die Spekulationen all jener, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk lieber heute als morgen abschaffen wollen?

Die würden womöglich auch befördert, wenn wir die Zahl bekanntgeben würden.

Da wir gerade beim Nichtnennen von Zahlen sind: Die ARD wird ab 2017 pro Jahr 119 Millionen Euro netto für die Bundesligazusammenfassungen ausgeben. Stimmt die Zahl?

Der tatsächliche DFL-Vertrag liegt noch einigen Gremien zur Befassung vor. Wir sind noch nicht durch.

100 Millionen Euro sind ihr Höchstgebot für die olympischen Spiele 2018 und 2020?

Die Gespräche mit Discovery laufen.

150 Millionen Euro verlangt Discovery für die Olympiasublizenzen?

Das müssen Sie Discovery fragen.

Sie verhandeln mit denen ja schon ein bisschen länger. Das- Erste-Programmdirektor Volker Herres sagte, man stehe noch ganz am Anfang. Aber es sind doch nur noch knapp 17 Monate bis zu den Winterspielen 2018 in Pyeongchang. Müssen Sie nicht langsam mal in die Puschen kommen?

Wir haben eine hohe Verantwortung in diesen Verhandlungen. Es gibt die große Erwartungshaltung der Öffentlichkeit, dass die Spiele wieder bei uns laufen sollen. Aber es gibt auch die große Verantwortung den Gremien gegenüber, die uns mit auf den Weg gegeben haben, die Rechte nicht zu jedem Preis zu erwerben. Das macht es nicht einfach.

Also reden wir auch darüber noch mal am Ende des Jahres.

Ja. Das werden wir gerne tun.

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