Rezession in Deutschland: Wie Firmen wieder fitter werden

Von 2010 bis 2019 boomte die Wirtschaft in Deutschland. Aber inzwischen scheint sie immer mehr zu kränkeln. Drei Probleme, drei Lösungsansätze.

Ein Stahlarbeiter im Schutzanzug entnimmt eine 1500 Grad heisse Roheisenprobe beim Abstich am Hochofen.

Die Bundesregierung fördert den Umstieg von Steinkohle auf Wasserstoff etwa in der Stahlproduktion Foto: Rupert Oberhäuser/imago

BERLIN taz | Das Wachstum in Deutschland stagniert – mehr oder weniger. Zwar ist die hiesige Wirtschaft einigermaßen intakt aus der Coronakrise herausgekommen, doch nun schränkt die Industrie ihre Produktion ein, wie das Statistische Bundesamt gerade wieder mitteilte. So stellen sich Fragen: Gibt es grundsätzliche Probleme, wo liegen sie? Und was ist zu tun?

Problem 1: mehr Kosten, weniger Nachfrage. Viele einheimische Firmen leiden unter gestiegenen Preisen. Wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine ist beispielsweise Energie zwischenzeitig deutlich teurer geworden. Hinzu kommt eine Inflation, die das Preisniveau insgesamt anhebt. Ein dritter Faktor sind höhere Zinsen, die die Zentralbanken festsetzen, um die Inflation zu drücken. Sie verteuern Investitionen in Modernisierung. Die gestiegenen Kosten treffen auf eine schwächere Nachfrage – denn die Weltwirtschaft lief schon mal besser. Deutsche Unternehmen drückt das besonders.

Lösung: weniger Steuern. Steigen die Kosten zu stark, kann der Staat zur Reduzierung beitragen, indem er die Steuern für Unternehmen verringert. Union und FDP verlangen das seit Langem. Neuerdings hat auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) eine gewisse Bereitschaft signalisiert. Doch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bremst. Eine Rolle dürfte dabei spielen, dass Steuersenkungen zunächst Einnahmeausfälle für die öffentlichen Haushalte verursachen.

Problem 2: zu wenige Investitionen. Zu den grundsätzlichen Problemen der hiesigen Wirtschaft gehört, dass das Wachstum des Produktionspotenzials abnimmt. Stieg es in den nuller Jahren zum Beispiel um 1 Prozent jährlich, beträgt das Plus jetzt nur 0,5 Prozent. Ein Grund dafür sind geringe Investitionen durch den Staat und die Unternehmen. „Viele aktuelle Studien weisen auf eine gesunkene Produktivität hin“, erklärt außerdem Ökonomin Almut Balleer vom RWI-Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung. Das heißt: Der technische Fortschritt und seine Umsetzung haben sich verlangsamt. Gleichzeitig steckt Deutschland in einem größeren Strukturwandel, auf den Professorin Hanna Hottenrott vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) hinweist. Alte Produkte wie Erdgasheizungen haben ihren Höhepunkt hinter sich, während die Verbreitung neuer, etwa der Wärmepumpen, noch am Anfang steht.

Der Staat muss ran

Lösung: Anreize für Innovationen. Forscherin Balleer sagt: „Investitionen von Unternehmen können durch staatliche Hilfe gefördert werden.“ In diesem Sinne hat die Ampelregierung das sogenannte Wachstumschancengesetz auf den Weg gebracht. Unternehmen sollen Ausgaben für Modernisierungen schneller von der Steuer absetzen können, wodurch Investitionen attraktiver werden. Das Gesetz hängt in Verhandlungen zwischen Bundestag und Bundesrat fest – manche Bundesländer beklagen zu hohe Steuerausfälle.

Um die Investitionstätigkeit anzufachen, können auch gezielte Zuschüsse des Staates helfen. So fördert die Bundesregierung den Umstieg von Steinkohle auf Wasserstoff etwa in der Stahlproduktion, indem sie Unternehmen wie Thyssenkrupp, Salzgitter AG oder ArcelorMittal Milliarden Euro Subventionen zahlt. Zu guten Rahmenbedingungen gehören auch effektive Genehmigungsverfahren.

Problem 3: fehlende Arbeitskräfte. Zwar steigt die Zahl der Erwerbspersonen immer noch, doch die Arbeitszeit pro Kopf sinkt. Und die geburtenstarken Jahrgänge der 1960er Jahre gehen bald in den Ruhestand. Gleichzeitig wandern zu wenige Leute ein, um den Verlust auszugleichen.

Lösung: Bildung und Einwanderung. Ökonomen empfehlen, die Einwanderung von Arbeitskräften zu erleichtern. ZEW-Forscherin Hottenrott mahnt Investitionen in Bildung und Weiterbildung an. Diese erscheinen dringend: 40 bis 60 Prozent der Beschäftigten müssten sich darauf einstellen, dass die sogenannte künstliche Intelligenz ihre Arbeitsplätze verändere, teilte der Internationale Währungsfonds kürzlich mit.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.