Krieg in Nahost: Kommt der Faradsch-Plan für Gaza?

Israel erwägt, einen Geheimdienstler mit Aufgaben in Gaza zu betrauen. Derweil sollen „humanitäre Inseln“ eine Offensive auf Rafah ermöglichen.

Eine Person schaut auf zerstörte Gebäude.

Zerstörte Wohnhäuser in Chan Junis im Gazastreifen am 14. März Foto: Naaman Omar/APA/Zuma Press/dpa

BERLIN taz | Während ein Ende des Gazakriegs nicht in Sicht ist, erörtern Israel und verschiedene Partner, wer in dem Küstenstreifen an die Stelle der Hamas treten könnte. Berichten zufolge fällt dabei der Name Madschid Faradsch. Der 61-Jährige ist Chef des palästinensischen Geheimdienstes und Mitglied der Fatah, der Partei von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas. Faradsch ist international gut vernetzt und auch in israelischen Sicherheitskreisen angesehen.

Der Nachrichtenseite Ynet zufolge hat die israelische Regierung einen Plan diskutiert, der zwei Komponenten hat: Zum einen soll eine Kraft unter der Führung von Faradsch die zivile Administration in Teilen des Gazastreifens übernehmen. Zum anderen sieht der Plan vor, dass Israel Palästinenser aus Gaza im Westjordanland oder in Jordanien ausbildet, um die Hamas zu bekämpfen. Die USA unterstützen die Idee dem Ynet-Bericht zufolge.

Konkret soll Faradsch 4.000 bis 7.000 Fatah-Leute in Gaza ausfindig machen, damit Israel überprüfen kann, dass sie keine Hamas-Verbindungen haben. Al Jazeera berichtete unter Berufung auf den israelischen Fernsehsender 14, dass Faradsch bereits daran arbeite, eine bewaffnete Truppe aufzubauen. Die Kämpfer sollen aus Familien kommen, die nicht der Hamas nahestehen.

Den Berichten zufolge sind mehrere Phasen im Gespräch: In einer ersten könnte die Aufgabe der Truppe darin bestehen, Hilfskonvois abzusichern und Sicherheitsaufgaben im mittleren und nördlichen Gazastreifen zu übernehmen. Dies soll verhindern, dass humanitäre Hilfe in die Hände der Hamas gelangt.

Israels Verteidigungsminister Joaw Gallant wie auch Faradsch sollen den Plan unterstützen. Regierungschef Benjamin Netanjahu dagegen habe ihn abgelehnt, wie Ynet am Donnerstag berichtete, weil er letztlich auf eine enge Zusammenarbeit mit Personal der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) hinauslaufe.

„Humanitäre Inseln“ in Gaza

Während diese Überlegungen offenbar weitestgehend Zukunftsmusik sind, will Israel eine große Zahl von Menschen aus Rafah und Umgebung umsiedeln, um eine Offensive auf die Stadt im südlichen Gazastreifen möglich zu machen. Laut Israel ist ein Angriff nötig, um die Hamas auszulöschen. Das Militär teilte mit, ein bedeutender Teil der 1,4 Millionen Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen im Süden könnte in Richtung „humanitärer Inseln“ im mittleren Gazastreifen gelotst werden.

Im Februar hatten Medien berichtet, dass Israel Ägypten vorgeschlagen habe, 15 Zeltstädte mit jeweils rund 25.000 Zelten zu errichten. Fragen, die sich damals stellten, werden nun erneut aktuell, da „humanitäre Inseln“ letztlich nichts anderes sein dürften als Zeltstädte: Wer errichtet die dringend nötige Infrastruktur, vor allem die Unterkünfte und die sanitären Anlagen, innerhalb der Inseln? Wer versorgt die hunderttausenden Menschen in den ausgewiesenen Gebieten? Armee-Sprecher Daniel Hagari sagte lediglich, dass die Umsiedlung in Abstimmung mit internationalen Akteuren erfolgen werde.

Der Plan würde daher voraussetzen, dass humanitäre Hilfe in großem Maßstab auch in den mittleren Teil Gazas gelangt. Seit Wochen klagen Hilfsorganisationen über massive Schwierigkeiten beim Transport von Hilfe innerhalb Gazas. Immer wieder wurden Lkws, die im Süden die Grenze überquerten, auf dem Weg gen Norden geplündert.

Begrenzt sind derweil andere Wege eröffnet wor­den: Am Dienstag teilte Israel mit, dass ein Konvoi von sechs Lkws über eine neue Militärstraße in den nördlichen Gazastreifen eingefahren sei. Der Weg durch den Süden konnte so offenbar vermieden werden. Der Ankunftsort des geplanten Seekorridors soll im mittleren Gazastreifen sein, so dass die Hilfsgüter innerhalb Gazas weniger lange Wege zurücklegen müssten.

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