Migrationsabkommen mit Georgien: Faesers simulierte Tatkraft

Schnellere Abschiebungen und einfachere Zuwanderung für Fachkräfte soll das Migrationsabkommen bringen. Aber in Wahrheit ist es reine Symbolpolitik.

Nancy Faeser

Bundesinnenministerin Nancy Faeser am 19. Dezember in Tiflis Foto: Irakli Gedenidze/reuters

Die deutsche Grenze wird auch im Kaukasus gesichert. Diese Botschaft soll von den Bildern ausgehen, die Bundesinnenministerin Nancy Fae­ser mit ihrem Amtskollegen in Tiflis zeigen, wie sie ein gemeinsames „Migrationsabkommen“ unterzeichnen.

Anders als es der Name nahelegt, soll das Abkommen vor allem dazu dienen, Migration zu verhindern. Abgelehnte Asylbewerber sollen schneller wieder nach Georgien abgeschoben werden können. Andere sollen mit „Informationskampagnen“ davon abgehalten werden, in Deutschland überhaupt erst Asyl zu suchen.

Zudem soll der Austausch von Studierenden, Auszubildenden und Forschern verstärkt und es Saisonarbeitern einfacher gemacht werden, in Deutschland einen Job anzunehmen. Dass Fachkräfte aus Georgien in großem Stil nach Deutschland auswandern, will die Regierung in Tiflis verhindern: Sie fürchtet einen „Brain-Drain“.

Die Vereinbarung hat mehr symbolischen als praktischen Wert. Denn Georgien spielt in Sachen Migration für Deutschland eine Nebenrolle. Dass Hunderte von Menschen aus Georgien jeden Monat in Deutschland erfolglos Asyl beantragen, mag Arbeit machen.

Die meisten Asylsuchenden kommen derzeit aber aus Syrien, Afghanistan, dem Irak, dem Iran und der Türkei, und die meisten von ihnen haben ein Anrecht auf Schutz. Hinzu kommen über 1 Million Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, die kein Asyl beantragen, aber trotzdem untergebracht werden müssen. Mit all diesen Ländern gibt es bisher keine „Migrationsabkommen“.

Neue Konzepte gegen Migration

Stattdessen suchen Scholz und Fae­ser in Nigeria und Ghana, Marokko und Tunesien, ja sogar in Kirgistan und Kolumbien nach Partnern, um weitere „Migrationsabkommen“ abzuschließen – bisher mit mäßigem Erfolg. Nur mit Indien wurde man schon einig. Beide wissen, dass sich die „irreguläre Migration“ dadurch nicht stoppen und Abschiebungen „im großen Stil“ so nicht erreichen lassen. Aber sie wollen Tatkraft simulieren: deshalb ihr demonstrativer Aktionismus.

Den Wunsch, ungewollte Einwanderung von Asylsuchenden zu begrenzen, teilt Deutschland mit dem Rest von Europa. Deshalb hat die EU auf den griechischen Inseln Auffanglager eingerichtet, in denen Flüchtlinge kaserniert werden, dafür lässt sie illegale „Pushbacks“ an ihren Außengrenzen zu. Als neue Idee kommt hinzu, Asylverfahren außerhalb der EU durchzuführen. Vorreiter war Großbritannien, das seine Asylverfahren nach Ruanda auslagern will. Italien folgt und verhandelt mit Albanien, um Flüchtlinge künftig dorthin zu verfrachten.

Auf der Strecke bleibt das Recht auf Asyl, das immer weiter ausgehöhlt wird: im Großen durch die EU oder durch einzelne Staaten wie in Tiflis. Grenzen zu schützen ist wichtiger geworden, als Menschen zu schützen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Daniel Bax ist Redakteur im Parlamentsbüro der taz. Er schreibt über Innen- und Außenpolitik in Deutschland, über die Linkspartei und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW). 2015 erschien sein Buch “Angst ums Abendland” über antimuslimischen Rassismus. 2018 veröffentlichte er das Buch “Die Volksverführer. Warum Rechtspopulisten so erfolgreich sind.”

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.