Nachwehen des „Palästina-Kongresses“: Scharfe Kritik aus Griechenland

Ex-Finanzminister Varoufakis protestiert vor der deutschen Botschaft in Athen. Die Behörden hatten ihm die Teilnahme am Berliner Kongress verwehrt.

Yanis Varoufakis guckt unfreundlich.

Durfte nicht nach Deutschland zum „Palästina-Kongress“: Griechenlands Ex-Finanzminister Varoufakis Foto: imago

ATHEN taz | Zuerst musste er noch eine Vorlesung an der Universität im Fach Wirtschaftspolitik halten, wie er der taz verriet. Dann ging er protestieren. Der Eingang der deutschen Botschaft in Athen war schon längst hermetisch abgeriegelt, als Yanis Varoufakis am späten Donnerstagabend im Athener Nobelviertel Kolonaki von seinem Motorrad stieg, um sich an die auf ihn vor dem Botschaftsgebäude wartenden Ex-Parlamentarier, Kandidaten für die bevorstehenden Europawahlen, Funktionäre und Anhänger seiner Partei Mera25 zu wenden.

Sie hatten zuvor lautstark skandiert. Varoufakis und Co. hatten zu dem Protest kurzfristig aufgerufen, um „den Autoritarismus, die Verbote und die Lügen der deutschen Regierung rund um den ‚Palästina-Kongress‘ in Berlin“ anzuprangern. Auf der Kundgebung wurden Slogans gegen Israel und die Haltung der EU und insbesondere Deutschlands im Gazakrieg gerufen. Die rund zweihundert Demonstranten riefen zu Boykott und Sanktionen gegen Israel auf. Auf einem Transparent stand auf Deutsch zu lesen: „Deutschland, schäm dich, du stehst hinter einem Genozid!“

Der Hintergrund für den Protest sind die Geschehnisse um den Ende voriger Woche von der Polizei abgebrochenen „Palästina-Kongress“ in Berlin. Dabei ist maßgeblich ein mutmaßlich auf die Zeit vom 10. bis zum 14. April beschränktes Einreiseverbot gegen Griechenlands Ex-Finanzminister Varoufakis ins Fadenkreuz der Kritik geraten.

Die Verhängung eines solchen Einreiseverbots geht aus dem Mailverkehr zwischen dem Anwalt von Varoufakis und der Bundespolizei hervor, über den die Frankfurter Rundschau (FR) am Donnerstag berichtete. Wäre Varoufakis, Generalsekretär der von ihm mitbegründeten europäischen Bewegung Democracy in Europe Movement 2025 (Diem25), nach Deutschland gereist, wäre er wahrscheinlich an der Grenze zurückgewiesen worden. Nur: Er habe gar keine Reise nach Berlin geplant, wie er der taz sagte, sondern per Video zu den Teilnehmenden des „Palästina-Kongresses“ sprechen wollen. Doch auch dies sei ihm verwehrt worden.

Die Einreise verweigert

Betätigungs- und Einreiseverbote wurden auch gegen zwei weitere Gäste ausgesprochen. Dem Arzt und Rektor der University of Glasgow, Ghassan Abu-Sittah, wurde am vorigen Freitag am Berliner Flughafen die Einreise verweigert. Aufgrund des Betätigungsverbots gegen den Historiker Salman Abu Sitta wurde der „Palästina-Kongress“ schließlich abgebrochen, als dieser per Video zugeschaltet wurde.

„Das ist eine große Niederlage für die deutsche Demokratie. Die Gleichsetzung des palästinensischen Widerstandes gegen die Apartheid mit dem Völkermord an den Palästinensern im Namen eines angeblichen Kampfes gegen den Antisemitismus ist nicht hinnehmbar“, sagte Varoufakis am Rande der Protestkundgebung der taz. Die Palästinenser hätten nicht nur das Recht, sondern die Pflicht, Widerstand zu leisten. „Unsere Pflicht ist es, die Fahne sowohl gegen den Antisemitismus als auch gegen den Genozid an den Palästinensern hochzuhalten“, so Varoufakis.

Er verurteilte das deutsche Einreise- und Betätigungsverbot gegen ihn und andere in scharfer Form. „Das ist das Ende der Demokratie in Deutschland. Wenn die Staatsräson der Bundesrepublik Deutschland, die Juden zu beschützen, wofür auch ich absolut einstehe, letztlich bedeutet, dass der israelische Premier Netanjahu und der Staat Israel einen Völkermord begehen dürfen und begehen, ist die Demokratie in Deutschland erledigt. Auch die Demokratie in Europa ist abgeschafft, wenn der deutsche Staat Politikern und Bürgern aus dem eigenen und anderen Ländern untersagt, das zu sagen, was jeder deutsche Politiker und Bürger dazu sagen müsste.“

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