Hilfsgüter für den Gazastreifen: Ignoranz auf allen Seiten

Israel, die Hamas und Ägypten nehmen sich wenig, wenn es darum geht, der Zivilbevölkerung zu helfen. Jede Partei sorgt sich um die eigenen Interessen.

Ein Junge schleppt einen Sack Mehl aus einem zerbombten Haus. sein Pullover, sein Gesicht, seine Hände sind dreckig. Auf dem einen Handrücken ein tiefer Kratzer oder Schnitt. Der Junge schaut ernst. Er schelcppt den Sack auf seiner Schulter.

Wertvolles Gut: Ein palästinensischer Junge birgt einen Sack Mehl aus einem zerbombten Haus in Rafah Foto: Abed Rahim Khatib/dpa

Die humanitäre Situation in Gaza spitzt sich weiter zu. Hilfsorganisationen warnen vor Säuglings- und Müttersterblichkeit, Krankheitsausbrüchen und Hunger. Derweil laufen die Hilfslieferungen weiterhin schleppend. Gute, vor allem zeitnahe Lösungen sind nicht in Sicht. Dass der Zivilbevölkerung in Gaza noch immer viel zu wenig geholfen wird, liegt an allen Konfliktbeteiligten. Ihre Ziele sind ihnen wichtiger als der Schutz von Zivilisten.

Israel erschwert die Hilfslieferungen über Land. Die verständlicherweise geforderten Inspektionen nehmen zu viel Zeit in Anspruch. Eine Recherche von CNN zeigte außerdem, welch absurde Güter teils nicht passieren dürfen: Wasserfilter, Schlafsäcke, Datteln. Israel will Druck auf die Hamas aufbauen und die im Norden des Gazastreifens Verbliebenen weiter in den Süden zwingen oder die Menschen sogar zur Ausreise nach Ägypten bewegen.

Damit verstößt Israel gegen Auflagen des Internationalen Gerichtshofs, angemessene Hilfslieferungen zu ermöglichen. Die Hamas wiederum hätte in der Vorwoche die Chance gehabt, einem Geisel-Deal und damit einer temporären Waffenruhe zuzustimmen. Werden die Geiseln freigelassen, würde die Blockade der Geiselangehörigen am Grenzübergang Kerem Schalom zwischen Israel und dem Gazastreifen wohl enden und der internationale Druck auf Israel, mehr Hilfen zuzulassen, weiter steigen.

Gegen diesen ersten Schritt in Richtung Ende der humanitären Katastrophe haben sich die Islamisten bewusst entschieden. Und während die USA ein Schiff losschicken, um dann in etwa zwei Monaten mittels eines temporären Hafens humanitäre Hilfsgüter zu liefern, könnten sie ihre enge Beziehung zu Israel nutzen, um verstärkt Druck aufzubauen.

Selbst wenn sich Verhandlungen als unergiebig erwiesen, sind die Möglichkeiten der USA nicht ausgeschöpft: von einer temporären Unterbrechung der Waffenlieferungen bis zu Sanktionen gegen das Führungspersonal der für die Hilfslieferungen zuständigen Behörde Cogat. Immer wieder wird zudem über die Korruption des ägyptischen Grenzregimes berichtet.

5.000 US-Dollar soll die Passage der Grenze eines Lkws mit Hilfsgütern kosten. Korrupte Grenzer werden als Kriegsgewinnler reich – auf Kosten der Palästinenser, die ihnen angeblich so am Herzen liegen. Die Feigheit und das Ignorieren des Leids der palästinensischen Zivilbevölkerung, die sich alle gegenseitig vorwerfen, trifft auf alle Akteure in unterschiedlichem Maße zu. Dabei sollte der Schutz von Menschenleben wichtiger sein als politisches Feilschen.

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Redakteurin im Auslandsressort. Meistens Westeuropa, manchmal Westasien

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