Nominierte 2008: Sandra Caspers: Ein Teil von Heinersdorf

Bild: Anja Weber

Sandra Caspers wohnt in einem Haus mit Garten in Pankow-Heinersdorf, einem eher beschaulichen Viertel Berlins. Vor neun Jahren ist sie mit ihrem Mann und ihrer jetzt 10-jährigen Tochter aus dem Innenstadtbezirk Berlin-Neukölln hierher gezogen. Um "draußen im Grünen zu sein und trotzdem Stadtanbindung zu haben". Sie fühlt sich nach wie vor sehr wohl hier, sagt sie, trotz der Probleme, die dieser Kiez ganz offensichtlich hat.

"Wir stehen für ein tolerantes und gastfreundliches Heinersdorf als Ortsteil der weltoffenen Metropole Berlin." So lautet der erste Grundsatz der Bürgerinitiative "Heinersdorf öffne dich", mit deren Unterstützung Sandra Caspers für ein anderen Umgangston, ein besseres Miteinander kämpft.

Ihr Engagement nahm seinen Anfang während jenes Kleinkrieges, der im letzten Jahr um den Bau einer Moschee der Ahmadiyya-Gemeinde entbrannt war. Zunächst kursierte nur ein Gerücht: In Heinersdorf soll eine Moschee gebaut werden! Die Informationspolitik des Bezirksamts war anfangs nebulös und unklar, erzählt Caspers. "Das war ein großer Fehler." Als schließlich eine Informationsveranstaltung in der örtlichen Turnhalle eskalierte, gründete sich eine Bürgerinitiative erklärter Moscheegegner: IPHAB - Interessengemeinschaft Pankow-Heinersdorfer Bürger. "Deren Argumente", erzählt Caspers, "wurden mit der Zeit immer unglaubwürdiger." Bei der Grundsteinlegung der Moschee hätten sich die Moscheegegner dann auf ein angrenzendes Gelände gestellt und mit ihren Lautsprechern den Festakt gestört. "Das war für uns der Anlass zu sagen: Es reicht. Das geht zu weit."

Sandra Caspers erklärt: "Dass man sich mit der Ideologie der Ahmadiyya-Gemeinde nicht identifizieren kann, ist völlig in Ordnung, aber dass man sich so benimmt, ist eben nicht in Ordnung." Daraufhin gründeten Caspers und einige andere aus der Nachbarschaft die Initiative "Heinersdorf öffne dich". Damit wollten sie in der Öffentlichkeit zeigen, dass nicht jeder Heinersdorfer automatisch ein Moscheegegner ist. Dennoch haben Caspers und die Bürgerinitiative "Heinersdorf öffne dich" aktiv das Gespräch gesucht, sowohl mit der IPHAB als auch mit der Ahmadiyya-Gemeinde. Wann immer Sandra Caspers heute mit Vorurteilen gegenüber der Ahmadiyya-Gemeinde konfrontiert wird, kontert sie:" Vielleicht sollte man die Menschen einfach mal fragen."

Im Rahmen einer "Zukunftswerkstatt" haben sich Caspers und ihre Initiative mit Nachbarn und der IPHAB an einen Tisch gesetzt, um einen Blick auf die tatsächlichen Bedrängnisse von Heinersdorf zu werfen: Die Stadtentwicklung der letzten Jahre und die daraus resultierenden sozialen Probleme. Auch, dass die IPHAB den Folgeworkshops ferngeblieben ist, schreckte Caspers nicht. "Zumindest haben wir eine Idee, was wir für Heinersdorf wollen und nicht, was wir dagegen wollen." Inzwischen ist die "Zukunftswerkstatt Heinersdorf" ein Bürgerverein mit 50 Mitgliedern. Ihre Vorsitzende ist Sandra Caspers.

"Natürlich bleibt das Thema, sich für Toleranz einzusetzen, weiterhin aktuell", sagt Caspers. Sie seien momentan sehr aktiv, berichtet sie enthusiastisch. Der Verein bezieht die Anwohner mit ein und hat diverse Arbeitsgemeinschaften gegründet: von der "AG Dorffest" bis hin zur "AG Kommunikation", die sich um einen Schaukasten im Ortszentrum kümmert und eine eigene Homepage betreibt (zukunftswerkstatt-heinersdorf.de). "Im Grunde wollen wir uns nicht mit der Moschee befassen, sondern mit der Zukunft von Heinersdorf", erklärt Caspers.

Ihr Vorwurf an die Politik: "Für Heinersdorf gibt es kein Konzept. Hätte man die Moschee in ein stadtplanerisches Gesamtkonzept integriert und die Bürger von Anfang an klar informiert, dann hätte es diese Art von Demonstrationen vielleicht nicht gegeben."

Sandra Caspers, von Beruf Mediengestalterin, wird nicht müde zu betonen, dass sie ein ganz normaler Teil von Heinersdorf ist "so spießig wie alle anderen, mit Haus und Garten und Familie. Ich bin eine ganz normale, klar denkende Frau, die Polemik und Zynismus nicht ertragen kann."

Wenn sie den Preis bekommt, will ihr Bürgerverein ein Nachbarschaftshaus gründen. So eine Begegnungsstätte fehlt nämlich in Heinersdorf. "Nicht einmal etwas so Selbstverständliches wie eine Krabbelgruppe gibt es hier. Ich hoffe, dass wir mit ein paar gezielten Projekten Heinersdorf nach vorne bringen", sagt sie. "Aber ich weiß nicht, wie lange es dauern wird, bis sich das Image dieses Orts verändern wird." Wer die Dinge im Kleinen verändern möchte, muss sich mühen. Sandra Caspers müht sich aufrecht.

Kontakt: www.zukunftswerkstatt-heinersdorf.de

Mareike Barmeyer